CDU will „nationale Interessen“ betonen

■ Deutschland soll in Außenpolitik stärker seine „handfesten Interessen“ betonen

Bonn (taz) – Schluß mit dem Gesäusel von „Solidarität und Menschenrechten“. Derartige „große Begriffe“ reichen nach den Worten des Vize-Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion in Bonn, Karl-Heinz Hornhues, zur Definition der deutschen Außenpolitik nicht mehr aus. Das vereinigte Deutschland müsse sich künftig stärker an „ganz handfesten nationalen Interessen“ orientieren, verlangte Hornhues am Donnerstag abend vor Journalisten in Bonn.

Ende August will sich die Fraktionsführung der Union in einer Klausurtagung unter Beteiligung des Historikers und Kanzlerberaters, Michael Stürmer, um eine deutlichere „Definition des eigenen Interesses“ bemühen. Hornhues meinte, im Ausland werde die deutsche „Schamhaftigkeit“ kaum noch verstanden. Auch die Bürger in Deutschland reagierten skeptisch, „wenn sie für große Grundsätze Zahlmeister sein sollen“. Schon mit dem Zwei-Plus-Vier- Vertrag über die deutsche Einheit sei „prinzipiell ein Schlußstrich“ unter die deutsche Vergangenheit gezogen worden. Jetzt müsse sich die Außenpolitik normalisieren.

Eine neudefinierte deutsche Außenpolitik werde sich in „substantiellen Fragen“ wie der Europapolitik nicht wesentlich von der gegenwärtigen Politik unterscheiden, versicherte Hornhues. Es gehe nicht in jedem Fall um neue Ergebnisse, aber um eine „andere Variante der Begründung“. Als Beispiel nannte er die deutsche Balkan-Politik. Ein Frieden in Bosnien liege allein deshalb im deutschen Interesse, damit die Bundesrepublik „nicht weitere hunderttausende Flüchtlinge“ aufnehmen müsse.

Allerdings könne es durch den Wegfall der Ost-West-Konfrontation auch in den westlichen Bündnissen eher zu Interessenkonflikten kommen. Die „automatische Interessengleichheit“, etwa in der Nato, sei „weg“. Die Bundesrepublik müsse hier ihre eigenen Interessen verfechten, gleichzeitig aber das „massive Interesse“ berücksichtigen, sich „nicht zu isolieren“.

Während Hornhues in diesem Zusammenhang direkte Kritik an Außenminister Klaus Kinkel vermied, wandte er sich in der Debatte um künftige Bundeswehreinsätze scharf gegen die Kompromißvorschläge des FDP-Ministers. Eine Zweidrittelmehrheit als Voraussetzung für Kampfeinsätze, wie sie Kinkel der SPD angeboten hatte, sei „völlig inakzeptabel“. Würde in das Grundgesetz eine solche Regelung aufgenommen, geriete Deutschland international in die „Isolation“.

Der CDU-Politiker wies daraufhin, daß die SPD sowohl den Awacs-Einsatz wie auch die Somalia-Mission abgelehnt habe. Beide Einsätze wären bei einer Zwei- Drittel-Hürde im Bundestag „nicht gelaufen“. Hornhues wdersprach außerdem Zeitungsberichten, wonach sich in der Regierungskoalition wegen der noch bevorstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts „Bangigkeit“ ausbreite. CDU und CSU seien nach wie vor „überzeugt“, daß das Gericht UNO-Einsätze der Bundeswehr für zulässig erklären werde. Hans-Martin Tillack