Betriebsrat soll weg

■ Machtkämpfe: Mehrheit des Betriebsrats beim Kreuzberger Unternehmen DeTeWe will eigenes Mitglied ausschließen

In Anwesenheit von Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) eröffneten gestern im brandenburgischen Dahlwitz- Hoppegarten die Berliner „Deutsche Telephon Werke AG und Co“ (DeTeWe) eine nagelneue Fertigungshalle. Doch hinter der Fassade des alteingesessenen Unternehmens, das seinen Stammsitz seit 1904 in Kreuzberg hat, gärt es gewaltig. Eine Mehrheit des DeTeWe-Betriebsrates versucht, einen unliebsamen Gegner in den eigenen Reihen hinauszukanten.

Über den Ausschluß wird heute morgen vor dem Arbeitsgericht verhandelt. Begründung: S. habe seine gesetzlichen Pflichten als Betriebsrat nach Paragraph 23 des Betriebsverfassungsgesetzes grob verletzt. S. wird unter anderem vorgeworfen, Initiator einer Unterschriftenliste gewesen zu sein, mit der dem Betriebsrat nicht nur das Mißtrauen ausgesprochen, sondern auch seine Neuwahl gefordert wurde.

Im Mittelpunkt der Streitigkeiten steht die Politik der Mehrheit des Betriebsrates und ihres Vorsitzenden Thomas Grein. Ihnen werfen Kritiker seit längerem vor, sich gegenüber der Unternehmensleitung zu nachsichtig zu verhalten. Pikanterie am Rande: Der Streit innerhalb des Betriebsrates geht quer durch die Reihen der IG Metall – mit dreizehn Vertretern bilden die Metaller die Mehrheit in dem Gremium. Während Grein zu der siebenköpfigen IG-Metall-Liste der Gewerblichen bei DeTeWe gehört, wurde S. 1990 mit fünf weiteren Vertretern der IG-Metall- Liste der Angestellten in die Interessenvertretung gewählt. Nachdem zwei der Angestellenvertreter aus der Gruppe um S. ausgeschert sind, befindet sich diese mittlerweile in einer Minderheitenposition.

Reinhold Weißmann, Stadtteilsekretär der IG Metall für Kreuzberg und Neukölln, hält das Ausschlußverfahren für „völlig unverständlich“. Gegenüber der taz bedauerte er, daß die Kontrahenten ihre Streitigkeiten nicht innerhalb der IG Metall klären wollten. „Diese Möglichkeit stünde ihnen nach unserer Satzung offen, aber leider haben sie davon kein Gebrauch gemacht.“ Nach Angaben von Weißmann mischt auch die Geschäftsleitung kräftig in dem Konflikt mit. So habe die Führung des Unternehmens S. mit Abmahnungen und Kündigungsdrohungen regelrecht „überzogen“.

Zu heftigen Querelen innerhalb des Betriebsrates hatte im vergangenen Jahr die von der Geschäftsleitung ausgesprochene Kündigung des damaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Karl-Heinz Toll geführt. Erst auf Intervention der IG-Metall-Verwaltungsstelle Berlin stemmte sich der Betriebsrat gegen Tolls Kündigung. Mit zehn gegen neun Stimmen fiel die Abstimmung damals denkbar knapp aus. Severin Weiland