Kein Paradiesvogel nach Kambodscha

■ Umstrittener CDU-Abgeordneter zur Wehrübung nach Potsdam umdirigiert

Magdeburg (taz) – Daß er sich als Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages eines Tages noch mal mit dem Sachsen-Anhalter Landtagsabgeordneten Karsten Knolle (CDU) beschäftigen müsse, wäre Alfred Biehle bei seinem Amtsantritt vermutlich nicht mal im Traum eingefallen. Aber Knolle hat sich jetzt mit einer hochoffiziellen Eingabe an Biehle gewandt. Der Grund: Statt, wie geplant in Phnom Penh, muß Reserveoffizier Knolle jetzt zu einer Wehrübung in Potsdam antreten. Kurz vor dem Abflug zum deutschen UNO-Kontingent in Kampuchea lud das Verteidigungsministerium den Quedlinburger Abgeordneten von der Mitreise wieder aus.

„Dabei war schon alles komplett vorbereitet“, ereifert sich Knolle jetzt. Der Abgeordnete, der mit zwei spektakulären Evakuierungen aus der umkämpften bosnischen Hauptstadt Sarajevo auch international für Schlagzeilen sorgte, war vom Verteidigungsministerium selbst zunächst eingeladen worden, seine nächste Wehrübung als Presseoffizier beim deutschen UNO-Kontingent in Kampuchea zu verbringen. „Tropentauglichkeitsuntersuchungen und alle notwendigen Impfungen sind gelaufen, aber was nutzt mir das in Potsdam?“, so Knolle.

Der Abgeordnete, der nicht nur in Magdeburger Landtagskreisen als politischer Paradiesvogel gilt, vermutet hinter der kurzfristigen Umdisponierung auf der Hardthöhe eine Intrige des Außenministeriums. Das hatte nämlich seinerzeit unisono mit der Flüchtlingskommissarin der UNO schon die erste Evakuierung bosnischer Waisenkinder durch Knolle und seinen fraktionslosen Landtagskollegen Jürgen Angelbeck als „kriminell“ und die beiden Abgeordneten als „Polithasardeure“ bezeichnet.

„Und ein Hasardeur und Krimineller darf offenbar nicht als Blauhelm in Kambodscha Dienst tun“, interpretiert Knolle selbst die kurzfristige Ausladung durch die Hardthöhe.

Mit der offiziellen Begründung, nach der infolge der nach den Wahlen eingekehrten Ruhe in Kampuchea die Presseanfragen zurückgehen und ein eigener Presseoffizier für das deutsche UNO- Kontingent damit überflüssig sei, will sich Knolle jedenfalls nicht zufrieden geben: Biehle soll sich um ihn sorgen. Eberhard Löblich