"Noch mal rechnen"

■ BVG-Tarife: Verkehrssenator Haase (CDU) will nur geringe Erhöhungen / Doch die BVG muß zuviel Geld sparen

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die Senatsverkehrsverwaltung spielen derzeit Schwarzer Peter miteinander: Der Wirtschaftsplan für das kommende Jahr wird zwischen Potsdamer Straße und Urania hin und her geschoben. Das Verkehrsunternehmen soll bekanntermaßen 1994 mit 250 Millionen Mark weniger Zuschuß aus der Landeskasse auskommen, aber – so die Vorgabe des Abgeordnetenhauses – gleichzeitig das Angebot bei Bus und Bahn nicht verschlechtern.

Doch einen entsprechenden Wirtschaftsplan zu erarbeiten, bei dem das Unternehmen statt mit den bisherigen 1,45 Milliarden Mark nur noch mit 1,2 Milliarden Mark Landeszuschuß auskommt, „haben wir nicht geschafft“, bestätigte Unternehmenssprecher Ulrich Mohnecke der taz. Andernfalls müsse massiv Personal abgebaut werden, was aus rechtlichen Gründen bislang aber gar nicht möglich sei.

Dem Vernehmen nach kann die BVG lediglich um die 150 Millionen Mark einsparen, ohne daß es zu Angebotsverschlechterungen wie etwa Streckenstillegungen selbst bei der U-Bahn kommt. Um diesen Betrag einsparen zu können, sollen auch Preiserhöhungen bis zu 20 Prozent und eine „Angleichung“ der Ost- an die Westberliner Tarife durchgerechnet worden sein. Mohnecke bemängelte den Widerspruch, daß die Politik einerseits fordere, die Ausgaben des Verkehrsunternehmens auf das Niveau westdeutscher Unternehmen zu senken, andererseits aber ausschließe, die Tarife an das westdeutsche Niveau anzuheben.

Die Verkehrsverwaltung, die dem Wirtschaftsplan zustimmen muß, hat den vorgelegten Entwurf an die BVG zurückgeschickt, weil keine 250 Millionen Mark eingespart werden, berichtet Verwaltungssprecher Tomas Spahn: „Die sollen noch einmal rechnen.“ Trotz der offensichtlichen Sparschwierigkeiten halte Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) aber an seinem Versprechen fest, daß die Fahrpreise zum kommenden Jahr nicht mehr als zehn Prozent verteuert werden dürften. Auf Nachfrage räumte Spahn allerdings ein, daß der Senator mit keiner Berechnung belegen könne, ob seine Vorgaben realistisch seien.

Obwohl die BVG zum kommenden Jahr von einem Eigenbetrieb in eine Anstalt öffentlichen Rechts verwandelt wird, bleibt die Tarifhoheit weiterhin Sache des Landes Berlin. Bislang mußte das Abgeordnetenhaus Preiserhöhungen zustimmen, ab kommendem Jahr ist dafür ein Aufsichtsrat zuständig. In dem sitzen neun Vertreter der Arbeitnehmer und acht indirekt vom Senat bestellte Vertreter. Der Verkehrssenator hat den Vorsitz. Statt Parlament wird dann der Aufsichtsrat Wirtschaftsplänen und Tarifveränderungen zustimmen müssen. Der Vorsitzende kann die Beschlüsse des Aufsichtsrats „beanstanden“, die darauf neu beschlossen werden müssen. Würde das oberste Gremium aber trotz Widerrede des Senators beispielsweise auf einer Tariferhöhung von 20 Prozent bestehen, kann faktisch der Senat diesen Beschluß kippen und einen eigene für die BVG bindende Entscheidung treffen.

Sollte es aber so weit kommen, droht Rainer Giesel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, „dann ist die Geschäftsführung fällig“. Dirk Wildt