Luxusbadewanne im Wasserturm

■ Westberliner planen Edelsanierung des Prenzelberger Wahrzeichens / WIP hat nichts dagegen / Bezirk will klagen

Für die einen ist er das Wahrzeichen des Prenzlauer Berges, für die anderen ein die Phantasie anregendes Ensemble und Denkmal der Berliner Industriegeschichte: der ehemalige Wasserturm an der Ecke Knaack- und Rykestraße. Schon zu DDR-Zeiten wurde der Turm mit seinen „Tortenzimmern“ als Wohnraum genutzt. Nun soll im Dachgeschoß eine Luxusetage errichtet werden. Während die Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg (WIP) dieses Anliegen weitgehend unterstützt, besteht das Bezirksamt auf einer kommunalen Nutzung der Dachetage und will nötigenfalls gegen die WIP klagen.

Seit 1990 haben der Westberliner Rechtsanwalt Hans-Eike von Oppeln-Brunikowski und der Architekt Volkmar Schnoeke einen Vertrag von der WIP für vier Luxusappartements in der Tasche. Dieser Vertrag, betont Maria Kunitz, Sprecherin der Gesellschaft, werde allerdings erst gültig, wenn ein entsprechendes Placet des Denkmaschutz- und Stadtplanungsamts vorliege. Letzteres hat den Bauantrag der Nutzer vom 9.Dezember 1990 allerdings schon abgelehnt, ohne daß die WIP daraufhin den „schwebend unwirksamen“ Vertrag aufgelöst hätte. Im Gegenteil: Wie der Baustadtrat des Bezirks, Matthias Klipp (Wählergemeinschaft), gegenüber der taz erklärte, habe die WIP diesen Bauantrag gar als angebliche Grundstückseignerin mitgezeichnet. Tatsächlich ist die WIP nur Verwalterin des Gebäudes, Eigentümer ist das Land Berlin. Klipp: „Ein Verstoß gegen eigentumsrechtliche Regelungen“.

„Da ist irgend was nicht sauber“

Das eigenmächtige Vorgehen der Wohnungsbaugesellschaft erregt den Baustadtrat vor allem, weil der Bezirk in der Wasserturmetage eine kommunale Nutzung anstrebt. Vorgesehen ist unter anderem ein Galeriecafé, für dessen Realisierung bereits ein Gutachten vorliegt. Um dieses Projekt durchsetzen zu können, will Klipp nun auch gegen die WIP vorgehen: „Weil die WIP nicht bereit ist, den Vertrag aufzulösen, prüft das Bauamt zur Zeit mit Hilfe der Senatsbauverwaltung nötigenfalls gerichtlich gegen die WIP vorzugehen.“ Klipp wörtlich: „Da ist irgend was nicht sauber.“

WIP-Sprecherin Kunitz dagegen gibt den Schwarzen Peter weiter: Das Stadtplanungsamt habe den Bauantrag seinerzeit ohne Prüfung abgelehnt. Die allerdings müsse erfolgen, bevor der Vertrag unwirksam werde. Unterdessen mehren sich auch Stimmen aus dem Bezirk gegen die vorschnelle Nutzung durch den Architekt und den Rechtsanwalt.

„Wer im oberen Becken des alten Steigerohrturms den Bau einer Luxusbadewanne beantragt, bringt damit nur die Allmachtsphantasien Westberliner Yuppies zum Ausdruck“, ärgert sich ein Vertreter der Kiezzeitung prenzlig. Wolfram Kempe, Autor und Stadtteilaktivist, fordert eine öffentliche Debatte um die künftige Nutzung der Etage, die die Geschichte des Gesamtkomplexes berücksichtige.

Im Keller des Turms folterte die SA

Der 30 Meter hohe, runde Wasserturm war 1874 nach Plänen von Wilhelm Vollhering errichtet worden. Der Hochbehälter, der mehr als 1.000 Kubikmeter Wasser faßt, wurde erst 1952 außer Betrieb gesetzt. In den Anfangsmonaten der Naziherrschaft wurde der Keller des Turmes von der SA als Folterkeller und „wildes“ Konzentrationslager benutzt. Aus diesem Grunde war kurz nach der Wende die Einrichtung einer Diskothek im Keller des Wasserturms vom Bezirk abgelehnt worden. An die Opfer erinnert eine Gedenktafel. Uwe Rada