■ Nach dem Nato-Beschluß – kommen die Angriffe?: Das Risiko ist notwendig
Nun also doch. Mit vielen „Wenn“ und „Aber“ zwar, doch immerhin. Die Nato hat sich für Luftangriffe auf serbische Stellungen um Sarajevo entschieden – mehr als 15 Monate nach Beginn der Belagerung können es auch die BürgerInnen der bosnischen Hauptstadt „kaum glauben“. Davon, daß der Westen „eine Stadt, die keine Erdölquellen hat, nicht sterben läßt“, werden sie aber nur die ersten Nato-Bomben überzeugen.
Das Für und Wider dieser Form der militärischen Intervention ist in den vergangenen Monaten immer und immer wieder diskutiert worden. Erwägt wurden sowohl politische als auch militärische Aspekte. Werden die Serben den Verhandlungstisch verlassen, sind die UNO-Blauhelme gefährdet, können serbische Artilleriestellungen überhaupt in ausreichender Zahl vernichtet werden? Gestellt wurde die grundlegende Frage, ob der Krieg militärisch beendet werden könne. Und immer schienen die Gegner des militärischen Eingreifens die besseren, die entscheidenden Argumente zu haben. Immer schien das Risiko zu groß.
Doch in der gleichen Zeit eroberten die Serben bosnische Städte, zogen ihre Truppen den Belagerungsring um Sarajevo enger, in der gleichen Zeit zerbrachen und entstanden militärische Koalitionen, wurde die Situation in Bosnien immer komplizierter. Und so sank auch das allgemeine Interesse für den scheinbar unverständlichen Konflikt auf dem Balkan. Immer deutlicher schien zu werden, daß es für den Balkan eben keine gerechte Lösung geben könne. Immer mehr Staaten waren bereit, eine von den serbischen und kroatischen Siegern diktierte „Friedenslösung“ für Bosnien zu akzeptieren. Die Bilder aus Sarajevo sollten nicht länger stören. Europa wollte seinen Frieden.
Doch wenn die Flugzeuge der Nato in den nächsten Tagen tatsächlich zum ersten Mal serbische Stellungen bombardieren, werden sie diesen „Frieden“ brechen und ein Risiko eingehen. Keiner weiß, wie viele Menschen auf beiden Seiten bei diesen Angriffen sterben werden. Keiner weiß, ob es möglich sein wird, Sarajevo zu befreien. Keiner weiß aber bisher auch, ob es nicht doch gelingen kann, die serbischen Truppen zum Rückzug zu bewegen. Mehr als nur wahrscheinlich ist zudem, daß die Nato-Piloten in der Lage sein werden, den Ring um Sarajevo zu lockern und die lebensnotwendigen Zufahrtswege offenzuhalten. Und so werden die Angriffe zeigen, daß man die Situation in Bosnien verändern kann. Das Risiko ist notwendig. Sabine Herre
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