■ Einer mißhandelten türkischen Frau droht die Ausweisung
: Bist du nicht willig, schieb' ich dich ab...

„Es kann nicht sein, daß der Mißhandelnde hierbleibt und die Mißhandelte abgeschoben wird. Das ist nicht in Ordnung.“ Was Herbert Schnoor, Nordrhein- Westfalens Innenminister, gestern so populistisch äußerte, bemängeln KritikerInnen des Ausländerrechts schon seit Jahren. Der Fall der Türkin Canan K., deren drohende Abschiebung im Düsseldorfer Ministerium seit gut zehn Tagen zur Debatte steht, macht nun dramatisch deutlich, was sich hinter diesem Recht verbirgt. Klar wird dabei auch, daß vor allem frauenpolitisch wertkonservative Vorstellungen im Ausländerrecht festgeschrieben sind. Viele der etwa 1,5 Millionen ausländischen Frauen, die in der Bundesrepublik leben, erreichen bundesdeutschen Boden über den Weg der Familienzusammenführung. Und da beginnt das Drama.

Um im Sprachgebrauch von Innenminister Schnoor zu bleiben: alles ist in Ordnung, solange sich Ehemann und nachgezogenes Eheweib gut verstehen. Daß der ausländischen Frau in den ersten drei bis vier Jahren ihres deutschen Lebens nur ein an den Ehemann gekoppeltes Aufenthaltsrecht zusteht, wen kümmert es. Daß die zugezogene Türkin für die ersten drei Jahre keine Arbeitserlaubnis erhält, wen juckt es. Kompliziert und inhuman wird es erst, wenn die Ehe in eine Krise gerät. Spätestens dann sind Ausländerinnen ihren Ehemännern rechtlos ausgeliefert. Im Fall der zwangsverheirateten Türkin Canan K. „kriselte“ es von Anfang an: brutale Mißhandlungen, zwei durch Schläge verursachte Fehlgeburten, langes Ausharren beim verhaßten Angetrauten, bis es einfach nicht mehr ging. Doch mit der Flucht ins Frauenhaus verstieß Canan K. sozusagen schon gegen deutsches Recht. Man will hier nicht die Eheprobleme fremder Menschen regeln. Mögen sie dies doch bitte schön zu Hause tun.

Als Canan K. sich dann erdreistete, Sozialhilfe zu beantragen, war die Sache geritzt. Denn der Bezug von Sozialhilfe ist ein Ausweisungsgrund. Rekapitulieren wir: Zugezogene ausländische Frauen dürfen in den ersten drei bis vier Jahren nicht arbeiten, sie dürfen sich damit keine eigenständige ökonomische Existenz schaffen, sie dürfen aber auch keine Sozialhilfe beantragen. Das Ausländerrecht erlaubt ihnen nur, drei bis vier Jahre bei ihrem Ehemann auszuharren. Auch wenn der Haussegen schief hängt, auch wenn Prügel und schwerste Mißhandlungen zum Alltag gehören. Damit manifestiert deutsches Recht, das sich an anderer Stelle aufgeschlossen und frauenfördernd gibt, patriarchale Urzustände. Und die sind vielen Ausländerinnen sattsam aus ihrer Heimat bekannt. Karin Flothmann