Vergewaltigung im Drogenmilieu

■ Landgerichtsprozeß: Männergewalt oder Kiezgeschichte?

Die Anklage gegen den Rumänen Hovac A. vor der Großen Strafkammer 6 hat es in sich: Entführung, Vergewaltigung, Körperverletzung. Gemeinsam mit seinem abgetauchten Bekannten Sandu soll der 28jährige am 12. September 1992 die 24jährige Michaela H. am Hauptbahnhof niedergeschlagen, in einen Kleinlaster gezerrt und im Containerdorf „Linau“ unter Androhung von Gewalt sechs- bis zehnmal vergewaltigt haben. Nach der Tat hätten die beiden ihr Opfer zum Bahnhof-Bergedorf gebracht.

Der Angeklagte bestreitet die Tat. Nach seiner Darstellung hatte Sandu die junge Frau am Hauptbahnhof angesprochen. Die 24jährige habe von Sandu 100 Mark bekommen und sei mit in Sandus Unterkunft gefahren. Nach ein paar Bieren sei Sandu mit Michaela H. im Schlafzimmer verschwunden.

Nach einer halben Stunde wäre er wieder herausgekommen und hätte Hovac A. aufgefordert: „Jetzt, komm, und schlaf Du mit dem Mädchen.“ Die Frau habe auf dem Bett gelegen und versucht, Hovac mit den Worten: „Hey, komm, komm“, zu animieren. Hovac habe aber abgelehnt. Vor Gericht nannte er gestern mehrere Gründe. Er habe aufgrund von Einstichen gesehen, daß Michaela H. drogenabhängig sei und hätte Angst vor Aids gehabt. Zudem habe er seiner Frau „ewige Treue“ geschworen. Hovac A.: „Bei uns ist es für einen verheirateten Mann ein Verbrechen, mit einer Prostituierten zu schlafen.“ Sandu habe ihn zunächst wegen der Verweigerung geschlagen. Begründung: „Ich hab für Dich auch 100 Mark gezahlt.“ Hovac habe daher anfangs so getan, als ob er doch mit Michaela H. schlafen wolle, sei dann aber aus dem Bett gesprungen. Danach hätten alle nach Geesthacht fahren wollen, wo Hovac A. wohnte. Da jedoch das Auto streikte, endete die Fahrt in Bergedorf.

Hovac A. beteuert seine Unschuld: „Wenn ich eine Frau entführen wollte, dann doch keine Drogenabhängige am Hauptbahnhof, wo es vor Polizisten nur so wimmelt.“ Der Rumäne vermutet, daß Michaela H. die Vorwürfe erhebt, weil Sandu ihr Geld schuldig geblieben ist. Die 24jährige, die gestern unter Ausschluß der Öffentlichkeit vernommen wurde, bleibt aber im Wesentlichen bei ihrer Darstellung, von den beiden Männern mehrmals brutal vergewaltigt worden zu sein. Nun haben unter anderem Sperma-Sachverständige das Wort.

Kai von Appen