Pieroth fällt ins Sommerloch

■ Finanzsenator versucht mit dubiosen Sparideen für Verkehrsbetriebe in die Schlagzeilen zu kommen / Selbst Verkehrsverwaltung über Pieroths Engagement "unglücklich"

Der Springer-Gazette Berliner Morgenpost war es gestern eine Geschichte auf der Seite eins wert: die Ideen von Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) zu möglichen Gewinnsteigerungen bei den Verkehrsbetrieben. Mit angeblich „schnell umsetzbaren Vorschlägen“ könnte das Defizit der BVG reduziert werden, berichtete die Zeitung brav, was der Senator ihrem Redakteur in die Feder diktiert hatte.

Pieroth plädiert für die Einführung der 1. Klasse bei U- und S-Bahn und einer „Busineß- Bahn“, die speziell die bessergestellten Berliner aus Wannsee und Lichterfelde ohne Zwischenhalt in die Innenstadt befördern soll. Die Waggons würden dann mit breiteren Sitzen, Schreibtischchen und Imbiß-Service ausgestattet.

Jugendliche sollen bei Vandalismus „aus pädagogischen Gründen“ die Bahnhöfe säubern und Instandsetzungsarbeiten ausführen. Ebenfalls könnten neben privaten Reinigungsfirmen Studenten eingesetzt werden. Die Streetgang „Guardian Angels“ solle, so Pieroth, kostenlos für die Sicherheit in Bus und Bahn sorgen. Deren Arbeit hätte sich bereits in US- Metropolen bewährt.

Doch offenbar geht es dem Senator eher darum, während des Sommerlochs Schlagzeilen zu machen, als sich um das Wohl der BVG zu sorgen. Selbst die CDU- geführte Verkehrsverwaltung nahm Pieroths Vorschläge nicht ernst. „Wir haben mit seinen Ideen durch die Bank Probleme“, sagte Verwaltungssprecher Tomas Spahn. Die Einführung einer 1.Klasse bei der U-Bahn sei indiskutabel, da sie als schnelles Transportmittel für kurze Strecken gedacht sei. Die S-Bahn wiederum gehöre ab kommendem Jahr ohnehin nicht mehr der BVG, sondern der Deutschen Reichsbahn. Eine Einführung der 1. Klasse wäre darüber hinaus sehr kostenaufwendig und zeitraubend. Wie der Senator die Einführung finanzieren wolle, habe er nicht gesagt, bemängelte Spahn. Die BVG soll im kommenden Jahr 250 Millionen Mark einsparen (wir berichteten).

Über den „Angel“-Vorschlag sei man in der Verkehrsverwaltung „extrem unglücklich“, so der Sprecher weiter. Man könne nicht Gruppen für die Sicherheit von Fahrgäste sorgen lassen, mit denen die BVG keine Verträge habe. Abgesehen von mangelnder Ausbildung wären die Mitglieder der selbsternannten Sheriffs nicht versichert.

Spahn räumte ein, daß bei der Sauberkeit in Zügen und auf Bahnhöfen noch mehr unternommen werden müßte als bisher, allerdings würde dies dann auch „ein paar Mark“ kosten. Das Fazit des Sprechers: Pieroth habe sich „verrannt“. Diak