Nur 150.000 Wohnungen

■ Brandenburg präzisiert Kritik an Berliner StadtplanungBerlin soll Wohnungsbauprogramm um zwei Drittel senken

Einen Tag nachdem die Brandenburger Landesregierung den Berliner Flächennutzungsplan kritisierte, nehmen die Forderungen an Berlin konkretere Formen an. Paul Engstfeld (CDU), Staatssekretär des Umweltministeriums, sagte gestern im Gespräch mit der taz, daß der von Berlin geplante Neubau von 400.000 Wohnungen fast den gesamten Bedarf beider Bundesländer für die kommenden 20 Jahre decken würde, der auf maximal 500.000 Wohnungen geschätzt werde.

Engstfeld erinnerte an die von beiden Ländern gemeinsam getroffene Vereinbarung, nach der nur 30 Prozent aller neuen Wohnungen in Berlin gebaut werden sollen. Das würde bedeuten, daß Berlin nur etwa 150.000 Wohnungen bauen dürfe. Auch wenn seiner Ansicht nach mit dieser Vereinbarung „flexibel“ umgegangen werden sollte, sei die Zahl eine „Kennziffer“. Werden erheblich mehr Wohnungen gebaut, würden mehr Menschen nach Berlin und weniger nach Brandenburg ziehen, warnte der Staatssekretär. Dies wollte aus stadtplanerischen Gründen der Senat eigentlich verhindern.

Die Berliner Eisenbahnplanung mit dem Lehrter Umsteigebahnhof und dem Tunnel unter dem Tiergarten bezeichnete der Staatssekretär als „nicht mehr zeitgemäß“. In Frankreich habe man sich mit Einführung des schnellen TGW von zentralen Konzepten verabschiedet. Auch der Inter City Express werde bei einer Durchquerung Berlins zuviel Zeit verlieren, da er auf den langen Strecken innerhalb der Stadt aus Lärmgründen nur 120 Kilometer in der Stunde fahren könne. Statt eines Zentralbahnhofs sei es sinnvoller, den ICE auf dem außerhalb liegenden Eisenbahnring an der Stadt vorbeifahren zu lassen. An dem Eisenbahnring müßte es entsprechende Umsteigebahnhöfe geben.

Für die vorgesehene Vereinigung Berlins und Brandenburgs zu einem gemeinsamen Bundesland sei es Voraussetzung, daß Berlin beim Wohnungsbau den Flächennutzungsplan „vom Kopf auf die Füße stellt“. Wenn der Stadtstaat an der Länderfusion festhalten wolle, müsse zusätzlich sichergestellt sein, daß die Regionalzüge nach Berlin hineinfahren können. Dies sei bisher aber auf den S-Bahn-Gleisen nicht möglich, weil dort statt Oberleitung nur Stromschienen vorhanden seien.

Ohne Regionalbahn aber ist die von der Brandenburger Landesregierung gewünschte „dezentrale Konzentration“ nicht möglich. Dieses Modell sieht vor, sieben vom Berliner Zentrum bis zu 60 Kilometer entfernte Städte wie Cottbus, Eberswalde und Brandenburg zu Schwerpunkten zu qualifizieren. Mit der bis zu 180 Kilometer in der Stunde schnellen Regionalbahn sollen diese Zentren untereinander und mit Berlin verbunden werden. Auf diese Weise sollen die sieben Städte für Investitionen der Wirtschaft interessant werden und der von allen Seiten unerwünschte Speckgürtel um Berlin verhindert werden. Dirk Wildt