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: Gut gemacht

„Beruf Hure“, Mittwoch, ARD, 21.45 Uhr und „Doppelpunkt“, ZDF, 20.55 Uhr

ARD und ZDF haben es getan, und sie machten es gut. Gleich zwei Reportagen, die sich zur besten Sendezeit in die Horizontale begaben. Beruf Hure – das ist ein „Sesam öffne dich“ für Klischees wie Dreck, Drogen, Kriminalität. Hure, das ist auch ein ganz normaler Job mit festen Arbeitszeiten und einem Privatleben danach. Huren wandern zwischen Welten. Die eine ist sichtbar, die andere nicht.

„Doppelpunkt“ hat beide Seiten in Bremen gesucht, Stimmen und Stimmungen aus einem Stadtteil, in dem Huren den Bürgern gegen den Strich gehen. Thema der Sendung: „Die Nutten müssen weg.“

Auf der anderen Seite des Striches beginnt die heile Welt. Die fühlt sich gestört, wenn der „Spielplatz zum Bumsplatz“ wird und Kinder mit dem Legokasten Fixerbestecke statt Autos nachbauen. Ein „Doppelpunkt“, der alle Seiten zu Wort kommen ließ, öffentlich-rechtliche Aufklärungsarbeit.

Während Mainz auf Verständigung setzte, bezog die ARD Stellung. Die Reportage „Beruf Hure“ wurde wirklich zum „Plädoyer für ein Gewerbe“ (Untertitel), zum Plädoyer für Frauen, die sich nicht zu verstecken brauchen und es doch oft genug tun müssen. In eindringlichen Interviews sind sie endlich zu Wort gekommen und haben Klischees zerstört. Huren leisten Dienste, die keiner wahrhaben, aber viele wahrnehmen wollen. Selbst der Staat findet Befriedigung: Steuerprofit auf dem Strich. Hure sein, das ist viel Verpflichtung und wenig Sicherheit. Ein Beruf, der gesellschaftlich verdrängt wird, obwohl ihn die Gesellschaft braucht. Bezahlter Sex geht nur am Rande, auf der Ausfallstraße, im Industriegebiet, überall da, wo er unsichtbar ist und bleibt. Integration würde vor Kriminalisierung schützen. ARD-Reporterin Ingrid Hessedenz hat die Unsichtbaren aus den Vorstädten geholt.

Für ihre Zwischentexte hat sie Sprecherin Hansi Jochmann gewählt, die deutsche Synchronstimme von Jodie Foster in ihren starken und eigenwilligen Frauenrollen. Die Lämmer schwiegen – die Huren und ihre Anwälte hatten das Wort. Eine Reportage mit Standpunkt, ohne Abwägen und Ausgleich. Nicht zwei Welten waren da zu sehen, sondern endlich eine. Leslie Rowe