■ Das Portrait
: John Shalikashvili

Der neue US-Generalstabschef Foto: Reuter

Nach einigen bösen Schnitzern scheint US-Präsident Bill Clinton ein sicheres Händchen für die Besetzung wichtiger Ämter zu entwickeln. Gerade wurde die von Clinton nominierte Juristin Ruth Bader Ginsburg im Senat als neues Mitglied des Obersten Gerichtshofs bestätigt; nun hat der Präsident mit seinem Kandidaten für das Amt des US-Generalstabschefs wohlwollendes Kopfnicken von allen Seiten geerntet: Vorbehaltlich der Zustimmung des Senats, die als sicher gilt, soll am 1. Oktober diesen Jahres General John Shalikashvili die Nachfolge von Colin Powell antreten.

Shalikashvilis Nominierung gilt insofern als Überraschung, als der 57jährige General des Heeres im Gegensatz zu manch anderen Kandidaten nie Ambitionen auf das Amt hat erkennen lassen. Das Kommando der 9. Infanteriedivision, das er 1987 übernommen hatte, schien ihm noch vor nicht allzulanger Zeit der endgültige Höhepunkt seiner Karriere. Doch dann kletterte er bis zum Obersten Befehlshaber der Nato- und aller US- Streitkräfte in Europa. In dieser Eigenschaft war er zuletzt maßgeblich an den Plänen für einen etwaigen Nato- Einsatz gegen serbische Stellungen in Bosnien beteiligt. Zwei Jahre zuvor war sein Name erstmals durch die Presse gegangen, als er den alliierten Einsatz zum Schutz der Kurden im Nordirak leitete.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Colin Powell dürfte Shalikashvili weitaus weniger dazu neigen, sich in öffentliche Dispute mit dem Präsidenten zu begeben. Umstrittene Themen wie die Integration von Homosexuellen in das Militär sind vorerst vom Tisch. Was die zukünftige Rolle des US-Militärs in der Außenpolitik angeht, so dürfte Shalikashvili sehr viel eher bereit sein, das Militär in regionalen Konflikten einzusetzen als Powell – zum Beispiel in Bosnien.

Mit dem Sohn einer polnisch-georgischen Flüchtlingsfamilie hat Clinton zudem einen hochkarätigen Experten für Osteuropa benannt. Shalikashvili, dessen Name bei der Armee der Einfachheit halber auf „Shali“ zusamengestutzt wurde, war unter anderem an den Verhandlungen über den Abbau von Nuklearwaffen ehemaliger Warschauer- Pakt-Staaten beteiligt. Für Clinton stellt sich mit dieser Personalentscheidung vorerst nur ein Problem: Einen geeigneten Nachfolger für Shalishkashvili in Europa zu finden. Andrea Böhm