Israel nähert sich direkten Gesprächen mit PLO

■ PLO-interne Krise beigelegt / Delegierte ab sofort in offiziellen PLO-Funktionen

Tel Aviv (taz) – Die Krisengespräche der Palästinenser in Tunis sind beendet. Bereits Anfang der Woche hatte PLO-Chef Jassir Arafat den Delegierten versichert, sie bei zukünftigen Beschlüssen über die Verhandlungsführung in den Nahostgesprächen nicht mehr zu übergehen. Jetzt gab der Koordinator der palästinensischen Delegationen, Feisal Husseini, seinerseits eine Erklärung an die Palästinensische Befreiungsorganisation ab: Er werde fürderhin im „Rahmen der PLO-Linie verhandeln“, erklärte er am Donnerstag.

An jenem Tag lehnte das Exekutivkomitee der PLO das Rücktrittsgesuch Husseinis, seines Stellvertreters Saib Erekat und der Sprecherin Hanan Aschrawi endgültig ab. Um zukünftige Koordinationsschwierigkeiten zwischen der Delegation aus den besetzten Gebieten und der PLO-Führung zu vermeiden, werden die Delegationsmitglieder jetzt offiziell als Vertreter der PLO auftreten, sagte Feisal Husseini am Donnerstag abend. Außerdem werden sie nun offizielle Funktionen in der PLO- Führung übernehmen: Ein neues PLO-Gremium soll ab jetzt den „Friedensprozeß überwachen“, erklärte Delegationsberater Asmi Schoaibi. Es werde aus PLO-Repräsentanten und Delegierten aus den besetzten Gebieten bestehen.

Diese PLO-Beschlüsse würden die israelische Regierung nicht davon abhalten, bei der kommenden elften Nahostrunde in Washington Anfang September mit der palästinensischen Delegation zu verhandeln wie bisher, erklärte der israelische Außenminister Shimon Peres dazu. Er wollte in den Beschlüssen auch „keine Änderung“ sehen, sondern lediglich einen „Propaganda-Trick“. Wie die PLO-Führung in Tunis die Delegierten aus den besetzten Gebieten nenne, sei für Israel unerheblich.

Vor zwei Jahren, zur Zeit der Eröffnungskonferenz von Madrid, hatte Israel – neben anderen Restriktionen für die Zusammensetzung der palästinensischen Delegation – Verhandlungen mit Vertretern der PLO ausgeschlossen. Offenbar nähert sich die israelische Regierung nun doch dem Eingeständnis, daß sie seit dieser Konferenz ohnehin mit der PLO-Führung in halboffizieller Verbindung steht. Auf dem Rückweg von Tunis nach Jerusalem zeigte sich die palästinensische Delegationsführung über die Lösung der Probleme zufrieden: Haidar Abdel- Schafi, der Vorsitzende der palästinensischen Verhandlungsdelegation mit Israel, der jetzt auch Mitglied des neuen PLO-Überwachungs und Koordinationsausschusses ist, sagte, er persönlich habe zwar eine Unterbrechung der Nahostgespräche befürwortet, doch gehe er davon aus, daß sich die palästinensische Delegation an der elften Runde beteiligen werde.

Abdel Schafis wiederholt geäußerte Forderung nach Demokratisierung und „Kollektivisierung“ einer besser koordinierten, geeinten PLO-Führung teilen viele einflußreiche Palästinenser in den besetzten Gebieten. Nach den letzten stürmischen Debatten in Tunis entsteht jetzt der Eindruck, daß diese Forderung zumindest teilweise erfüllt werden könnte, auch wenn Arafat ohne Zweifel an seiner Führungsrolle festhalten wird.

Damit ist der politische Einfluß der Vertretung der besetzten Gebiete in Tunis gewachsen. Die akute Krise innerhalb der PLO gilt nun als beigelegt, wenn auch einstweilen nur erste Schritte hin zu einem gründlicheren Demokratisierungsprozeß getan werden konnten. Die verbesserte Koordinierung zwischen Tunis und den besetzten Gebieten könnte zu einer Festigung der PLO beitragen. Die israelische Regierung wird es schwerer haben, die Führung der PLO gegen jene aus den besetzten Gebieten auszuspielen. Sie wird sich daran gewöhnen müssen, mit einer geeinten PLO-Führung zu verhandeln, die sie im eigenen Interesse besser früher als später offiziell anerkennen sollte.

Unterdessen hat der Sprecher der 400 in den Südlibanon deportierten Palästinenser, Abdel Asis el Rantissi, gestern bestätigt, daß sie das Rückkehrangebot Israels (siehe taz vom 13.8.) akzeptieren wollen. Amos Wollin