Deportation in den Tod

■ Alsterdorf: Gedenkwoche zur Euthanasie im Dritten Reich

Die Adresse der Evangelischen Stiftung Alsterdorf lautet ab heute Dorothea-Kasten-Straße 3. Dorothea Kasten war eine der BewohnerInnen der ehemaligen „Alsterdorfer Anstalten“, die von den Nationalsozialisten deportiert wurden. Mit der Umbenennung des Teils der Alsterdorfer Straße, an dem die Stiftung ihren zentralen Sitz hat, beginnt heute eine Veranstaltungsreihe zum Gedenken an die Deportationen im Dritten Reich.

Nachdem die „Verlegung“ von Behinderten bereits 1938 begonnen hatte, verließen am 16. August 1943 die letzten Transportbusse Alsterdorf. Während der Bombenangriffe hatten nahezu alle BewohnerInnen gerettet werden können.

Die schweren Zerstörungen der Anstalten wurden jedoch zum Anlaß genommen, Kinder, Frauen und Männer nach Süd- und Westdeutschland und nach Wien zu verschleppen. Die meisten von ihnen wurden in Tötungsanstalten durch Verhungernlassen und Überdosierung von Medikamenten umgebracht. Von den 629 Deportierten überlebten lediglich 79 den Holocaust, 14 von ihnen wohnen noch heute in Alsterdorf.

Einer der Zeitzeugen spricht heute zusammen mit Sozialsenator Ortwin Runde und VertreterInnen der Stiftung auf der Gedenkfeier. Die aktuelle Diskussion über Euthanasie soll Bestandteil der Workshops sein, die in dieser Woche im Schwesternhaus der Stiftung stattfinden werden.

Eingeladen dazu sind neben den MitarbeiterInnen der Stiftung natürlich auch alle sonstigen Interessierten.

Die Veranstaltungen der Gedenkwoche:

Heute, 16.8., 16.30-18.30 Uhr: „Tödliches Mitleid“ – Von der Geschichte der Alsterdorfer Anstalten und der heutigen Euthanasie-Diskussion.

Dienstag, 17.8., 16.30-18.30 Uhr: „Stolpernd unterwegs...“ – Verhinderung der Aussonderung von Kindesbeinen an.

Mittwoch, 18.8., 16.30-18.30 Uhr: „Um des Menschen willen“ – Pädagogik als Platzhalter und Interpret in der Behindertenhilfe.

Donnerstag, 19.8., 16-18 Uhr: „Geh weg, damit ich nicht leiden muß!“ – Zur Theologie der Leiblichkeit.

Kultureller Abschluß der Gedenkveranstaltungen ist am Donnerstag um 19 Uhr die KonzertLesung (mit der Gruppe „Argus“ aus Bremen) in der Hauptkirche St. Katharinen: „Weiß ich, was ein Mensch ist?“ – Von der Euthanasie zum Holocaust.

Ulrike Winkelmann