Et cetera...

■ Tom Johnson, Meister der Wdh., bei Dacapo

„Ich liebe den Klang der Wiederholungen. Ich liebe den Klang der Wiederholungen. Ich liebe den Klang der Wiederholungen..."

Das war der Tenor eines Stücks mit Namen „Vorlesung", mit Wiederholungen des amerikanischen Komponisten Tom Johnson, vorgetragen von ihm selbst in der Galerie Rabus. Er wiederholte jeden Satz dreimal, es sei denn, aus dem Publikum wurde ihm durch „mehr!“ oder „genug!“ etwas anderes angewiesen. Und siehe da — aus dem Klang der Worte wurde eine Musik voller Überraschungen, denn niemand wußte, wieviele der so geliebten Wiederholungen jeder Zeile die ZuhörerInnen sich erbitten würden.

Tom Johnson ist zwar ein Vertreter der Minimal Music (wie z.B. der populäre Philip Glass), aber einer von ganz eigener Art. Im fünfzigminütigen Nine Bells besteht das gesamte Instrumentarium nur aus neun im Raum hängenden Glocken. Gespielt werden sie aber nicht nach Noten, sondern Johnson gab neun verschiedene Choreographien vor, in denen der Schlagzeuger (Matthias Kaul) je nach vorgeschriebener Wegstrecke die Glocken anschlägt. Das selbe Tonmaterial erklingt daher immer wieder anders, und durch die stetige Bewegung des Musikers wird das Musikstück zur Performance.

Johnson geht es nicht darum, durch kompositorische Kunstgriffe zu verblüffen, im Gegenteil: Das Publikum soll wissen, worum es geht. Das erreicht er durch streng rationale Kompositionsprinzipien, die er dem Publikum vorher mitteilt. Bei Nine Bells waren die neun Wegmuster für jeden sichtbar im Programm abgedruckt. Allerdings nicht in der richtigen Reihenfolge: Johnson liebt nicht nur Logik, sondern auch Rätsel.

Die Wechselwirkung von Vorauswissen und der Überraschung darüber, wie das Gewußte dann wirklich klingt, durchzieht das gesamte Werk des 1939 geborenen Komponisten. Wo aber, wie in Das Pascalsche Dreieck, Johnsons Faible für Zahlenverhältnisse zu offensichtlich wird, gerät sein Musikstück in die Nähe eines Laborversuches.

Ganz ähnlich und doch anders waren da die beiden Stücke für Tuba solo, die Melvyn Poore unnachahmlich interpretierte. Wie in Nine Bells hat Johnson auch in Monologue die Grenzen zur Performance überschritten, indem der Musiker zum Vergnügen des Publikums (fast) gleichzeitig mit seinem Instrument spricht und spielt.

Das Wiederholen und Kombinieren kleiner musikalischer Elemente hört für die Minimal- Musiker nie auf, Neues zu ergeben: Jede der drei Infinite Melodies — unendlich erweiterbare Melodien - beendete Melvyn Poore mit einem vielsagenden Blick über den Rand seiner Tuba und den Worten: „et cetera!“ Wilfried Wiemer