Vorschlag

■ „Ein Scheck für zwei“

Theaterregisseurin mit Sendungsbewußtsein und Anlehnungsbedürfnis kehrt aus Paris nach Berlin zurück. Ex-Mann, Tochter und Karriere hat sie dort gelassen. Sie sucht: Geld für eine Inszenierung – und einen Mann, einen wirklichen Mann. Sie findet den Bankfilialleiter Zobel. Dieser hat sich im Leben als Protagonist seiner eigenen Herrenwitze eingerichtet und ist zunächst kaum willens, sich der weiblichen List und Tücke länger als eine Nacht zu ergeben. Aber wie das Leben so spielt, schließlich schält sich doch der verwegene Pfundskerl aus dem Macho- Spießerkokon. Zobel raubt seine eigene Bank aus und flieht mit der erfolglosen Regisseuse nach Argentinien.

Soweit das Herzstück von Meike Braunes Klamotte „Ein Scheck für zwei“, die heute abend im Ratibor-Theater zu sehen ist. Um das Liebespaar herum hat Braune einen Pulk von Chargen drapiert: die frustrierte Bankangestellte Plümli, die ihren Chef liebt, aber den botanisierenden Buchhalter Specht kriegt. Den schwerhörigen Onkel der Regisseuse, der in die Fänge von Zobels Pensionswirtin gerät. Und der sächsische Bankeleve Nieselstein, der sein Herz für den heulsusigen Sohn der Wirtin entdeckt. Eine Klammer um die Menagerie bildet die russische Ex- Primadonna Baba, in deren Tanzstudio sich alle Wege irgendwann treffen. Eine Mischung aus Klimbim und den Protokollen eines Selbsterfahrungskurses ist dieser Entwurf, eine Aneinanderreihung bewußt pseudo-tiefsinniger Nümmerchen, als deren Parenthese Hitparadenfragmente vergangener Jahrzehnte ertönen. Das ist nun nicht unkomisch und auch nicht ohne Charme. Aber originell ist es nicht. Meike Braune zitiert jede Banalität, derer sie habhaft werden konnte, ohne die Ebene des Zitierten selbst zu verlassen. „Ein Scheck für zwei“ ist eine Persiflage, eine Parodie ist es nicht.

Für die szenische Improvisation, die auch von der Neuen Gesellschaft für Literatur unterstützt wurde, hat Braune unter anderen eine Reihe von Schauspielern des Metropoltheaters um sich geschart. In der Darstellung bestätigt und wiederholt sich, was schon für den Text gilt: Wer nur laut deklamiert, was geschrieben steht, schafft es allenfalls bis kurz über die Schmerzgrenze der Plattheit. Ausgerechnet die Hauptfiguren werden so vorgestellt. Wenn die Figuren jedoch ernst genommen und auch ihre Geschichten, die vor und hinter dem Text liegen, angedeutet werden, dann ist das Ganze höchst vergnüglich. Besonders Doris Abeßer als Hortensie Plümli sind die kleinen Höhepunkte des Abends zu verdanken. Auf der Flucht vor dem sicheren Vertrocknen entwickelt ihre naive, aber entschlossene Büropflanze ein ganzes Feuerwerk bisher unterdrückter hausfraulicher Sinnlichkeit – eine Figur wie von Claire Bretecher gezeichnet. Von ähnlicher Überzeugungskraft ist Paul Arenkens, der die Rolle des Buchhalters Ambrosius Specht zu einer kleinen Studie des korrekt verklemmten Junggesellendaseins ausgestaltet. Dabei ist er auch noch anzusehen wie ein Cousin von Theo Lingen.

Ob Braunes Text seine Bühnenwirksamkeit bewiesen hat, ist schwer zu sagen. Er hat Unterhaltungsmeriten, aber um wirklich angriffslustig zu sein, lebt er zu sehr von dem, was angegriffen werden soll. Petra Kohse

„Ein Scheck für zwei“ um 20.30 Uhr im Ratibor-Theater, Cuvrystraße 20 (618 61 99).