Angriffe auf Vietnamesen

■ In Kambodscha führen die Roten Khmer ihre Kampagne gegen vietnamesischstämmige Siedler unvermindert fort

Phnom Penh/Berlin (AP/AFP/ taz) – Bei einem Angriff auf ein von vietnamesischstämmigen SiedlerInnen bewohntes Dorf in Kambodscha wurden am Wochenende zwei Menschen getötet und eine Gruppe Kinder entführt. Diese befanden sich gestern noch in der Gewalt der rund 30 mit Gewehren bewaffneten Angreifer. Die Geiselnehmer, bei denen es sich vermutlich um Angehörige der Roten Khmer handelt, forderten ein Lösegeld in unbekannter Höhe. Von den ursprünglich elf Geiseln sei eine freigelassen worden, nachdem sich herausgestellt habe, daß sie nicht der vietnamesischstämmigen Bevölkerungsgruppe angehöre. Ein UN-Sprecher bestätigte dies. In der Provinz Kompong Chnnang, wo auch der jüngste Angriff stattfand, haben die Roten Khmer in der Vergangenheit bereits mehrfach Massaker an vietnamesischstämmigen Menschen verübt, bei denen 17 Menschen umkamen. Insgesamt waren es in den letzten 17 Monaten über 100.

Der Leiter der UN-Übergangsverwaltung, Yasushi Akashi, hatte vor kurzem den nominellen Führer der Organisation, Khieu Samphan, beschuldigt, die Gewalttaten an der vietnamesischstämmigen Bevölkerung zu unterstützen. Daraufhin hatte Khieu Samphan am vergangenen Freitag erklärt, die Angriffe würden fortgesetzt, da sich Vietnam „im Krieg“ mit Kambodscha befinde und die Einwanderung von Zivilisten als „Waffe“ benutze. Die Roten Khmer behaupten – ohne bislang jemals Beweise vorgelegt zu haben –, daß Vietnam auch nach dem Abzug seiner Soldaten im Jahr 1989 immer noch Tausende Soldaten im Lande hinterlassen habe, die in kambodschanischer Uniform verkleidet seien. Dies bestreitet die UNO ebenso wie die ehemalige, von Vietnam 1979 eingesetzte Regierung Kambodschas. Nach unabhängigen Schätzungen leben rund eine halbe Million ethnische VietnamesInnen in Kambodscha, viele schon seit Generationen. Andere sind erst seit einigen Jahren im Land, auf der Suche nach Arbeitsmöglichkeiten im Bausektor, im Handel und anderswo.

Im Frühjahr waren Tausende Vietnamesen aus Angst vor den verstärkten Überfällen und Mordaufrufen der Roten Khmer geflüchtet. Die nach den Wahlen gebildete Übergangsregierung hat bislang nicht gezeigt, daß sie sich vor diese Bevölkerungsgruppe stellen will. Diese muß befürchten, daß ihre Situation angesichts der fragilen politischen und desolaten wirtschaftlichen Lage nicht sicherer wird – auch wenn sich die Geberländer bei der in Kürze stattfindenden zweiten Konferenz für den Wiederaufbau Kambodschas in Paris als großzügig erweisen sollten. li