„Mafia Gottes“ in alter Ullstein-Villa

■ Der katholische Geheimorden Opus Dei missioniert von Berlin aus die neuen Bundesländer / Starthilfe vom Kardinal

Die Stadtvilla in der Möckernstraße in Kreuzberg, die einst dem Verleger Ullstein gehörte, ist ein bauliches Kleinod. Das Namensschild am zweigeschossigen Haus weist einen „Berlin-Brandenburgischen Kulturverein“ als Mieter aus. Ein Telefonnummernvergleich macht klar, wer hier in Räumen mit Stuckdecken und Parkettböden residiert: Unter der gleichen Nummer, freilich ohne Adresse, findet sich im Telefonbuch die Organisation Opus Dei.

Die umstrittene katholische Organisation, die Kritiker als „Mafia Gottes“ bezeichnen, betreibt seit Jahresbeginn von ihrem Domizil in Kreuzberg die Missionierung in Ostdeutschland und Osteuropa. Seit der Gründung vor über sechzig Jahren verfolgt Opus Dei die Maxime, eine Elite heranzubilden, die die Gesellschaft unterwandert und unbemerkt einflußreiche Positionen erobert. „Damit das Institut seine eigenen Ziele leichter erreicht, wünscht es, als solches versteckt zu leben“, hat der Gründer die Strategie in der „Bibel“ der Gemeinschaft formuliert. Ob es um Waffenhandel, die Unterstützung südamerikanischer Diktatoren oder um dubiose Firmenzusammenbrüche wie dem des größten spanischen Konzerns Rumasa vor einigen Jahren geht – immer soll Opus Dei nach Darstellung von abtrünnig gewordenen Mitgliedern im Hintergrund die Fäden gezogen haben. Francos Regierung gehörten zahlreiche Opus-Dei- Mitglieder an; im Zweiten Weltkrieg meldeten sich die Opus-Dei- Mitglieder freiwillig für Hitlers Vernichtungskrieg. In Deutschland unterhält der Orden unter dem Decknamen „studentische Kulturgemeinschaft“ Zentren in elf Städten – darunter Bonn, Köln, Frankfurt und München.

„Es gibt keine Geheimnisse, und wir sind keine Mafia“, betont dagegen Wolfgang Hanuschik: „Manche vermuten hinter Bescheidenheit immer gleich etwas Geheimnisvolles.“ Der Arzt gehört zur fünfköpfigen Leitungsebene in Berlin, der als „geistiger Berater“ und offizieller Statthalter des Ordens der spanische Pater Brosa angehört. Mitglied ist auch der langjährige Vizepräsident der Freien Universität und Medizin- Dekan, Prof. Cervos-Navarro, als Schatzmeister fungiert der FU- Physiker Prof. Stehlik. Seit kurzem unterhält Opus Dei auch ein Frauenzentrum in der Eisenacher Straße. Dort leben vier Frauen.

Hanuschik versichert, die etwa 40 Berliner Mitglieder strebten lediglich an, die „Gesellschaft menschlicher, humaner und damit christlicher“ machen zu wollen. Warum Opus Dei sich dann bei seiner „Jugendarbeit und Erwachsenenbildung“ hinter Tarnnamen versteckt, rechtfertigt Hanuschik damit, daß Opus Dei nur kirchliches Organ, nicht aber rechtsfähige Organisation sei: „Wenn etwas schiefgeht, dann geht eben nur der Verein pleite.“

Von Opus Dei erhalte man für die Arbeit keinerlei Geld, heißt es. Das Haus – Monatsmiete 10.000 Mark – werde aus den Einkommen der Mitglieder und Spenden finanziert. Dafür aber hat der Orden gute Freunde. Einer dieser Freunde sei der katholische Bischof Kardinal Sterzinsky, habe ihm der Opus-Dei-Pater Brosa bestätigt, ist von Joseph Grünwald, dem Vorsitzenden der kritischen Katholiken, zu erfahren. Vom bisschöflichen Ordinariat wird bestätigt, daß der Kardinal dem Orden 140.000 Mark als „einmalige Zahlung“ für den Bau der Kapelle im Ordens-Zentrum zukommen ließ. Opus Dei hat auch einen Sitz im sogenannten Diözesanrat, dem die Berliner Parlamentspräsidentin Hanna-Renate Laurien (CDU) vorsitzt. Gerd Nowakowski

Über Opus Dei will heute die Leserinitiative der Zeitung der kritischen Christen „Publik-Forum“ aufklären. Über „Geistliche Ziele und weltliche Geschäfte einer nicht nur frommen Organisation“ referiert Peter Hertel im Gemeindehaus der ev. Kirchengemeinde Heilig Kreuz, Nostitzstraße 6–7 in Kreuzberg, Beginn: 19.30 Uhr.