■ Mit Fusionskontrollen auf du und du
: Höchst bedenklich

Berlin (taz) – Brüsseler Spitzenbeamte erfreuen sich nur selten großer Popularität. In Bischofferode jedoch wird seit Montag Karel van Miert als Volksheld gefeiert, als er „erhebliche Bedenken“ der EG- Fusionskontrolleure gegen die Übernahme der früheren DDR-Kalibergwerke durch die westdeutsche BASF-Tochter Kali + Salz anmeldete.

Die protestierenden Kali- Kumpel verbuchten die Ankündigung der EG, den Übernahmevertrag kartellrechtlich zu prüfen, als Teilsieg in ihrem Kampf um den Erhalt des Bischofferoder Kalibergwerks. Dabei ist es keinesfalls sicher, daß nach den vier Prüfmonaten den Bedenken zwangsläufig ein Fusionsverbot folgt.

Die Brüsseler Beamten werden zunächst prüfen, ob es möglicherweise einen abgrenzbaren deutschen Markt für Kali gibt und welche Auswirkungen der Zusammenschluß auf den EG- Binnenmarkt haben wird. Aber selbst wenn die Kommission zum Ergebnis kommt, daß Kali + Salz nach der Fusion eine marktbeherrschende Stellung einnimmt, müßte sie zusätzlich nachweisen, daß diese Stärke den Wettbewerb tatsächlich behindert. Die bloße Gefahr, daß ein Großanbieter kleinere Konkurrenten vom Markt fegt, reicht nach EG-Recht zu einem Verbot nicht aus.

Selbst dann, wenn sich Nachteile für den Wettbewerb nachweisen lassen, muß die Kommission weiterprüfen: Eine Fusion könnte ja trotzdem der „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ dienen und wäre dann gerechtfertigt. Von den 133 Fusionsfällen, die von Herbst 1990 bis Dezember 1992 nach Brüssel getragen wurden, untersagte die Kommission daher lediglich einen (den Zusammenschluß der Flugzeugbauer Aerospatiale- Alenia/de Havilland).

Von Kritikern wird die EG- Fusionskontrollverordnung zumeist als zahnloser Tiger geschmäht. Sogar die deutsche Bundesregierung fordert im jüngsten Zweijahresbericht über die Arbeit des Bundeskartellamts, daß die EG-Kommission Fusionsfälle von überwiegend nationaler Bedeutung an die nationalen Behörden zurückweisen möge. Bisher muß bei einer Umsatzhöhe von mehr als 10 Milliarden DM der beteiligten Unternehmen die EG entscheiden.

Trotz ihres Eintretens für das Subsidiaritätsprinzip dürfte die Bundesregierung in diesem Falle froh sein, daß der Fall in Brüssel liegt. Schließlich haben die Minister Theo Waigel (Finanzen) und Günther Rexrodt (FDP) das Vertragswerk zwischen Treuhand und BASF bereits als beste Privatisierungslösung gelobt. Die Wahrscheinlichkeit aber, daß das Bundeskartellamt die Fusion ablehnen würde, wäre recht groß gewesen. Bei einer derartigen Entscheidung hätte sich Günther Rexrodt gezwungen gesehen, das Kartellamtsverbot durch Ministererlaubnis wieder außer Kraft zu setzen – eine höchst unpopuläre Entscheidung. Donata Riedel