Lieber in der Bluesabteilung

■ ...als im Frauenregal: „Blue Sister“ im taz-Gespräch

taz: Ist es eher zufällig, daß Ihr Trio eine reine Frauenband ist, oder haben Sie sich bewußt dazu entschlossen?

„Lightning Patti“ Harrison (Gitarre, Waschbrett, Gesang): Für mich macht das keinen so großen Unterschied. Ich hatte vorher lange in Bands mit Männern gespielt, und keine Schwierigkeiten damit gehabt. Aber wir drei mochten diese Kombination.

Jodie Lyn (Bass): Bei mir war es einfach so, daß ich gerade von Kalifornien nach New Orleans gekommen war, um den Blues zu studieren, und dann fand ich sofort diese beiden anderen Musikerinnen, die sich auch auf den Blues spezialisieren wollten. Nachdem wir das erste Mal miteinander gespielt hatten, merkten wir, wie ungewöhnlich es war, daß drei weiße Frauen den Blues spielen, und sich dabei so gut ergänzten.

Werden Sie als weiße Bluesfrauengruppe in New Orleans akzeptiert?

Patti Harrison: Es gibt immer wieder große Auseinandersetzungen darüber. Nicht nur wir, sondern alle weißen Musiker, die den Blues spielen, werden oft kritisiert, aber wir denken, daß wir dabei mithelfen, diese Musik am Leben zu erhalten. Wir stehlen ja nichts, aber wir sind uns dessen bewußt, daß wir im Grunde Imitatorinnen des Blues sind und nicht die Originale.

Aber haben Sie nicht auf der anderen Seite als Frauenband einen Bonus in der feministischen Szene?

Patti Harrison: Auf jeden Fall sind Frauen unsere eifrigsten Unterstützerinnen. Manchmal ist das ein Vorteil für uns, manchmal aber auch nicht. Wenn wir in Plattenläden unsere CD suchen, steht sie meistens in der Abteilung mit Musik von Frauen, aber uns wäre es viel lieber, wenn sie in der Bluesabteilung zu finden wäre.

Treten Sie in Amerika auch in Konzerten auf, bei denen im Publikum keine Männer erlaubt sind?

Jodie Lyn: Das haben wir auch schon gemacht. Wenn frau unsere Musik hören will, spielen wir für sie, aber wir wollen auf keinen Fall auf das Stereotyp der feministischen Bluesband verfallen.

Sie sagten, daß Sie sich in erster Linie als Nachahmerinnen sehen. Aber Sie spielen doch auch eigene Songs.

Patti Harrison: Etwa ein Drittel unseres Programms besteht aus eigenen Songs, aber es ist schwer, wirklich originäre Stücke zu schreiben. Es gibt halt nur eine begrenzte Anzahl von Noten, und gerade im Blues sind die Muster sehr festgelegt.

In gewisser Weise sind Sie ja Puristinnen des Blues, denn Sie beschränken sich auf den Louisiana Stil und verwässern ihn nicht durch Crossovers mit Mainstreammusik.

Patti Harrison: Wir versuchen den Ursprüngen des Blues treu zu bleiben. Das heißt, daß wir bei jedem Song den Komponisten ansagen, und versuchen, in den Konzerten einen Sinn für die Geschichte des Blues zu vermitteln. Und wir bleiben so nah wie möglich an den Originalarrangements.

Jodie Lyn: Aber jeder gibt dem Blues seine ganz persönliche Note. Wir versuchen zu imitieren, aber es kommt immer etwas anderes dabei heraus als bei den Vorbildern. Denn wir zusammen, mit unserem eigenen Sound, sind einmalig.

Blue Sister spielen im Rahmen des Women in (E)motion Festivals heute, 21 Uhr, im KITO.

Das Gespräch führte Willy Taub