Behörden wollten erneut Schwangere abschieben

■ 17jährige Bulgarin entging vorgestern nur knapp dem Rückflug nach Sofia

Zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen hat die Berliner Ausländerbehörde versucht, eine schwangere Frau nach Bulgarien abzuschieben. Erst als sie bereits auf dem Flughafen Schönefeld auf ihren Flug wartete, konnte die Abschiebung verhindert werden.

Einen Tag nachdem die 17jährige Ümgülsüm E. aufgrund ihrer Schwangerschaft im sechsten Monat von einem Arzt Reiseunfähigkeit attestiert bekommen hatte, tauchten vorgestern abend zwei Polizisten in ihrer Küche auf und forderten sie auf, mitzukommen. Weder der Mutterpaß noch das Attest brachte sie offensichtlich davon ab, die 17jährige auf eine Polizeistation in der Nähe des Ostkreuzes zu bringen. Dort sei eine Frau aufgetaucht, deren Besuch Umgülsüm E. wie folgt schildert: „Sie hat gesagt, ziehen Sie sich aus. Ich verstand nicht, was sie von mir will. Sie sagte nicht, daß sie Doktor ist, sondern sie fuchtelte an meinen Kleidern herum, schließlich fing die Frau an, mich auszuziehen.“

Bekleidet mit nicht mehr als einer Unterhose, habe sie sich gegen die Wand lehnen müssen, zitternd und frierend. „Es war eine Demütigung. Sofort fing ich an zu weinen. Ich sollte die Beine ausbreiten. Sie hat mir auf meinen Po geklopft, das war alles.“ Nach diversen Touren in einer ungelüfteten Polizeiwanne habe sie die Nacht ohne Essen und Getränke in einer Zelle verbracht, berichtet die verstörte Bulgarin. Nach einer schlaflosen Nacht habe sie sich am Morgen im Auto übergeben und anschließend unter stechenden Bauchschmerzen gelitten. Erst um 10.45 Uhr brachten Mitarbeiter der Flüchtlingsberatung KUB, die von ihrem Ehemann benachrichtigt worden waren, in Erfahrung, daß seine Frau um 13.30 Uhr nach Sofia abgeschoben werden sollte. Auf Nachfrage bei der Ausländerbehörde, warum das Attest nicht anerkannt werde, habe man ihr mitgeteilt, Ümgülsüm E. sei vier Stunden lang von einem Polizeiarzt untersucht und von diesem als „haft- und reisefähig“ erklärt worden, berichtet KUB-Mitarbeiterin Renate Wilson. Dies steht in krassem Gegensatz zu dem Bericht der 17jährigen.

Nach mehrmaliger Kontaktaufnahme mit der Ausländerbehörde und dem Verwaltungsgericht wurde die Abschiebung am Mittwoch mittag ausgesetzt. Die 17jährige wurde ohne Geld und Papiere auf dem Flughafen Schönefeld freigelassen. Weder der KUB noch ihrem Ehemann wurde ihr Verbleib mitgeteilt. Jetzt wartet sie auf die nächste ärztliche Untersuchung am Montag. Schwangerschaft scheint indes kein Grund mehr für ein vorläufiges Bleiberecht zu sein. Erst vor wenigen Wochen wurde nur knapp die Abschiebung einer Bulgarin verhindert, die bereits zwei Fehlgeburten hinter sich hatte. jgo