■ Das Portrait
: De Larosière

An seinem neuen Büro in der Londoner Innenstadt wird der designierte Chef der Osteuropa-Bank (EBRD) sicher viel Freude haben. Drei Vorzimmer, Privattoilette, verspiegelte Decken und einen phantastischen Blick auf die St. Paul's Cathedral. De Larosière hätte sich solchen Pomp selbst nie zugestanden, er gilt als äußerst korrekter Bürokrat ohne Extravaganzen. Aber er ist bisher auch nicht als Kostverächter auffällig geworden, und eine

Neuer EBRD-Chef Foto: ap

neue Dekoration würde ja nochmal Geld kosten. Sein Vorgänger, Jacques Attali, der das alles so nett hat einrichten lassen, wurde wegen der ausufernden Kosten unehrenhaft entlassen.

Im Gegensatz zum Wirtschaftsphilosophen Attali, der gern einen verächtlichen Zug um die Lippen legte, wenn von Geld die Rede war, ist de Larosière ein ausgewiesener Top-Banker. Gut die Hälfte seiner 63 Jahre hat der ENA-Absolvent in Spitzenpositionen der französischen und der Weltwirtschaft verbracht; u.a. als Kabinettschef im Finanz- und Wirtschaftsministerium, als Chef des Internationalen Währungsfonds und seit 1987 als Präsident der französischen Zentralbank.

Unter dem Gewicht dieser Karriere gingen auch die Gouverneure der 59 Länder in die Knie, die an der EBRD beteiligt sind. Denn nach den unschönen Erfahrungen mit dem Mitterand-Ziehkind Attali wollten sie eigentlich keinen Franzosen mehr an der Spitze akzeptieren. Zudem hätten viele gerne einen sachkundigen Osteuropäer auf dem Chefsessel der EBRD gesehen. Einen, der nicht nur die Spielregeln des Kapitalismus aus dem Effeff beherrscht, sondern auch das Spielfeld kennt. Immerhin soll die Bank den Aufbau in Osteuropa organisieren, so steht es zumindest in der Betriebsanleitung. Aber Frankreich hat einen inoffiziellen Anspruch auf den Posten: Nur unter dieser Bedingung hatte Mitterand damals London als Sitz der Bank akzeptiert.

Mit de Larosière hat Paris eine Trumpfkarte gespielt, die ihr im Europa-Poker noch bitter fehlen könnte. Denn der Vielgerühmte war als Gründungschef der Europäischen Zentralbank schon fest verplant. Wenn Frankfurt als Adresse für die künftige Europabank schon nicht zu verhindern ist, dann muß, so die bisherige Verhandlungsposition, wenigstens der Präsident ein Franzose sein. bois