„Das darf doch wohl alles nicht wahr sein!“

■ Schon wieder 4.500 Urlauber in den USA gestrandet / Erneut Reisebüro pleite

San Francisco/Düsseldorf (dpa/AP) – Schock, Tränen, Enttäuschung und Empörung – das waren die Reaktionen von rund 180 deutschen Urlaubern, die sich am Mittwoch mittag auf dem Flughafen von San Francisco einfanden, um ihre über das Hamburger Touristik-Unternehmen Marlo gebuchte Heimreise anzutreten. „Cancelled“ – gestrichen – stand auf einem Schild am Check-In-Schalter. Aber nicht etwa schlechtes Wetter oder ein Maschinenschaden hatte den Rückflug vereitelt, sondern es kam noch schlimmer.

Eine deutschsprachige Flughafenangestellte klärte die Touristen darüber auf, daß ihre Tickets wertlos seien. Der Grund: Die Charter-Fluggesellschaft American Trans Air (ATA) hatte am Morgen ihre Zusammenarbeit mit Marlo aufgekündigt – nach eigenen Angaben, weil das deutsche Unternehmen ihnen seit Wochen die Flugkosten nicht erstattet habe.

„Das darf doch nicht wahr sein“, war die erste Reaktion der Deutschen, die völlig ahnungslos ihre Koffer gepackt und vielfach noch am Morgen die Reisekasse bei einem Bummel auf Fisherman's Wharf geleert hatten. Christian Vorsteher aus Herne gehörte zwar zu den Glücklichen, die über eine Kreditkarte verfügen. Trotzdem kann er's kaum glauben: „Ich habe mich nur an den Kopf gefaßt.“

Trost für die Urlauber hatte der DGB parat. Nach Ansicht des Arbeitsrechtlers Dieter Lenz vom Bundesvorstand der Gewerkschaft ist eine verspätete Rückkehr aus diesem Grund ein „unverschuldetes Leistungshindernis“, das nicht zu Lohnabzug führen dürfe. Im Zweifelsfall sollen die Betroffenen klagen. Die Bundesregierung will dagegen hart bleiben. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger lehnte erneut eine Haftung der Bundesregierung für die Pleiten von Reiseunternehmen ab. Tatsächlich ist die Bundesregierung an dem Dilemma aber keineswegs unschuldig: Hätte sie wie von der EG verlangt zum 1. Januar 93 die EG-Pauschalreiserichtlinie übernommen, wären die Urlauber jetzt versichert. Tagesthema Seite 3