■ Mit polnischen Immobilien auf du und du
: Kein freier Markt

Warschau (taz) – Die altehrwürdige Stadt Plock, Woiwodschaftsstadt westlich von Warschau, braucht dringend eine Kläranlage, eine Trinkwasseraufbereitungsanlage und einen Müllentsorgungsanlage. Freie Mittel für Investitionen hat sie nicht. Jetzt hat Plock eine Kommunalobligation in Höhe von umgerechnet 200.000 DM aufgelegt, die mit 6 Prozent über der Inflationsrate verzinst wird. Plock ist damit Vorreiter einer Entwicklung, die nicht nur Geld in die Kassen der Gemeinden, sondern auch Bewegung in den Immobilienmarkt bringen soll.

Allein nach der Verzinsung beurteilt, sind die neuen Wertpapiere nicht besonders attraktiv. Die Zinserträge müssen voll versteuert werden. Und anders als der Staat kann eine Gemeinde durchaus zahlungsunfähig werden. Eine gute Anlage sind sie trotzdem – für alle, die damit von der Stadt Grundstücke oder Gebäude erwerben wollen.

Wenn eine Firma einen privatisierten Betrieb ersteht oder wenn ein Mieter seine bislang kommunale Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umwandeln will, können dafür die Obligationen zur Zahlung benutzt werden. Als besonderes Bonbon werden diese bei solchen Transaktionen auch noch um fünf bis zwanzig Prozent aufgewertet.

Einen wirklichen Markt für die Obligationen gibt es allerdings noch nicht. Das liegt daran, daß die Gemeinden bisher nur Wertpapiere mit einjähriger Laufzeit auflegen, denn andernfalls wären komplizierte und langwierige Genehmigungsverfahren durch die Wertpapierkommission nötig. Doch dadurch können die Kommunalpapiere auch nicht an der Warschauer Börse gehandelt werden. Wer also von Plock nach Danzig umzieht, kann für seine Plocker Obligationen dort keine Wohnung erwerben.

Dabei wären solche Deals der Zeitung Gazeta Bankowa zufolge durchaus wünschenswert. „Dieser Handel mit Kommunalbligationen würde Bewegung in den Immobilienmarkt bringen; der freie Wohnungshandel wiederum würde die Mobilität der Arbeitskräfte erhöhen und damit die Arbeitslosigkeit vermindern.“

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Aus sozialen und rechtlichen Gründen ist der Handel mit Wohnungen in Polen sehr begrenzt: Jeder Bürger kann Mitglied in nur einer Wohnungsbaugenossenschaft sein und das auch nur, wenn er nicht schon eine Bleibe hat. Die Kommunen würden ihre Wohnungen zwar gern privatisieren, doch die Sozialmieter haben kein Geld. Sie können nicht einmal dann ausquartiert werden, wenn sie keine Miete mehr bezahlen.

In Warschau, wo der Quadratmeter unbebauter Fläche in der Innenstadt inzwischen über 500 Dollar kostet, ist der freie Handel noch begrenzter: Das Dekret, mit dem nach dem Krieg sämtliche Immobilien enteignet wurden, ist bis heute in Kraft. Die Ansprüche der Vorkriegsbesitzer verkomplizieren die Lage. An die Emission von Obligationen ist auch nicht zu denken: Warschau ist unterteilt in sieben Gemeinden, und die würden wahrscheinlich die Schuldverschreibungen zum Kauf von Immobilien nicht gegenseitig anerkennen. Klaus Bachmann