Schmausen und Grausen

■ Die Drohung zum Wochenende: das Alstervergnügen, mit Prominenz

„Wie schaffst du das bloß?“, habe er sich in schlaflosen Nächten oft genug gefragt. Unverzagt jedoch präsentierte Carlheinz Hollmann, pensionierte Fernseh-Größe, VertreterInnen der Hamburger Medienlandschaft gestern das Programm des anstehenden Alstervergnügens. Zum sechzehnten Mal beglückt er die HamburgerInnen nun schon mit seinem Volksfest, das er ausschließlich mit eigenem und SponsorInnen-Geld, insgesamt 600.000 Mark, vorfinanziert.

Von Donnerstag, 26. August, bis Sonntag, 29. August, werden sich 380 Freß- und Verkaufsstände, 16 Bühnen sowie Show-Sportunsäglichkeiten wie Bungee-Jumping, Wasserski und ähnliches rings um die Binnenalster gleich Perlen der Hamburger Kultur aneinanderreihen. Das Radio-Kammerorchester des NDR spielt am Samstag um 20 Uhr und am Sonntag um 14 Uhr in der Rathausdiele Stücke von Mozart, Grieg und Vivaldi. Der Eintritt von je 25 Mark wird an das Kinderhilfswerk Unicef weitergereicht. Für Kinder gibt's auch einen Spielplatz mit viel Kleinkunst auf dem Gänsemarkt. Am Ballindamm trohnt die Haifischbar mit Alster-Rock, Travestie-Amusement und natürlich nicht ohne Heidi Kabel.

Auf dem Rathausmarkt belästigt OK-Radio alle Anwesenden nonstop mit Musik und Gewinnspielen; der Neue Jungfernstieg wird zum Open Air Rock-Boulevard. Samstag nacht hebt Hamburg mit den NDR 2-Laberköppen Uwe Bahn und Volker Thormaehlen ab: Am Jungfernstieg beginnt um 19 Uhr die „NDR 2 Saturday Night Disco“. Um 22.30 gibt's das obligatorische Feuerwerk, mit Schwanensee unterlegt. Im ZDF-Studio an der Kleinen Alster sind bis Sonntag Promis aller Art beim Proben für das ZDF-Sonntagskonzert zu begucken, welches dortselbst am Sonntag ab 12 Uhr live gesendet wird, Eintritt 15 Mark, Verwendung siehe oben. Wer ins Fernsehen möchte, kann auch um 16 Uhr noch einmal zum „ZDF-Länderjournal“ vorbeischauen.

Sollte im Laufe der Tage jemand einen Wohltätigkeitsanfall bekommen, möge sie oder er sich den Mund verschmieren und nämlichen auf das weltgrößte „Kußtuch“ am Jungfernstieg drücken. Die Kußaktion der Muskelschwundhilfe soll in irgendeiner Form Muskelkranken zugute kommen. Und für alle, deren Leben bisher unerfüllt und sinnlos schien – der diesjährige Slogan zum Nachsprechen lautet: „Wer das Leben genießen will, muß das Rezept kennen: Alstervergnügen“. Der HVV läßt seine Züge übrigens in der Freitagnacht eine Stunde, in der Samstagnacht gar zwei Stunden länger fahren. Kaum zu glauben.

Ulrike Winkelmann