Magengeschwüre bei Jugendlichen

■ Studie: Wohin können sich MigrantInnen mit psychosomatischen Beschwerden wenden?

Magengeschwüre bei Jugendlichen

Studie: Wohin können sich MigrantInnen mit psychosomatischen Beschwerden wenden?

„Bei ausländischen Patienten kann ich viel weniger als bei deutschen Patienten Verständnis für die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen oder psychiatrischen Behandlung vermitteln. Und wenn es mir dann mal gelingt, dann gibt es keine sprachlich und fachlich kompetenten Stellen, an die ich die ausländischen Patienten überweisen kann“, klagt eine praktische Ärztin. Seitdem der einzige türkische Psychiater aus dem Bremer Westen fortgezogen ist, gibt es dort keine Therapiemöglichkeit für MigrantInnen mehr.

Die medizinische Grundversorgung von Migrantenfamilien ist in Bremen zwar gesichert, nicht aber eine Versorgung, die auf psychische und psychosomatische Beschwerden reagiert. Das hat eine Studie des der Initiative „Psychosoziale Beratungsstelle im Bremer Westen“ herausgefunden, die nun gedruckt vorliegt. Die Arbeitsgruppe befragte ÄrztInnen und MitarbeiterInnen von Beratungsstellen und Behörden nach ihren Erfahrungen mit hilfesuchenden MigrantInnen.

Unsicherheiten, Unwissenheit und Verständigungsschwierigkeiten auf beiden Seiten beenden den Kontakt der Hilfesuchenden mit den deutschen Stellen oft rasch wieder. Das fängt schon bei den Sprachschwierigkeiten an — nur in wenigen Arztpraxen arbeiten auch ausländische KollegInnen. Dabei wären Gespräche sehr wichtig, da MigrantInnen häufiger als Deutsche an psychosomatischen Erkrankungen leiden. Schon bei Jugendlichen treten starke Magenbeschwerden auf bis hin zum Magengeschwür. Die ÄrztInnen nennen Orientierungsschwierigkeiten als Grund, bei den Mädchen Abwehr der ihnen zugewiesenen Frauenrolle. Die Frauen leiden unter psychosomatischen Nacken-,Bauch- und Rückenschmerzen, die ältere Menschen häufig unter schweren Depressionen. Viele stellen fest, daß das, was ihrem Leben in der Migration einen Sinn gegeben hat, die Rückkehr ins Heimatland, sich als Illusion erweist.

Doch als Heilmittel akzeptieren MigrantInnen häufig nur Medikamente. „Für sie haben Medikamente oft magische Wirkung, da taucht der Aspekt Nebenwirkung nicht auf“, berichtet ein Arzt. Grund: In ihren Herkunftsländern wohnten die jetzt älteren Frauen und Männer häufig in medizinisch unterversorgten Gebieten, sie hatten aber von deen Wundern der Medizin in den Industrieländern gehört. Auch die viele ÄrztInnen irritierende Passivität der Frauen hat einen kulturellen Hintergrund: Im Verständnis vieler südlicher Völker wird Krankheit von äußeren Kräften an den Menschen herangetragen und kann auch nur durch Außeneinwirkung von ihm genommen werden. Eine subjektive Beeinflussung des Gesundungsprozesses ist also nicht möglich.

Notwendig, so die Studie, wären niedrigschwellige Beratungsangebote mitten im Stadtteil, BeraterInnen, die die Familien auch zu Hause besuchen. Notwendig außerdem eine zentrale psychiatrische Versorgungseinrichtung für MigrantInnen für das gesamte Stadtgebiet, ebenso Fortbildung des Versorgungspersonals. Nicht zu vergessen: ein DolmetscherInnen-Pool, von den Krankenkassen bezahlt. cis

Die Broschüre „Situation der psychosozialen Versorgung von Migrantenfamilien im Bremer Westen“ gibt's z.B. beim Haus der Familie Walle oder dem Institut für psychosoziale Arbeit und Prävention Dobbenweg 10 (DM 5,- plus Porto)