Ost-West-Konflikt beim Bremer Vulkan

■ Eine Milliarde Investitionen im Osten / Schichau Seebeck-Werft bangt um 500 Arbeitsplätze

In die ostdeutschen Werften will der Bremer Vulkan Verbund rund eine Milliarde Mark stecken. Das kündigte gestern der Vorstandsvorsitzende des Vulkan, Friedrich Hennemann, vor Journalisten an. Die zum Vulkan-Verbund gehörende Schichau Seebeck-Werft in Bremerhaven hat dabei das Nachsehen: Hier sollen 500 Arbeitsplätze abgebaut werden.

Das befürchtet jedenfalls der Betriebsrat der Werft. Die Bremerhavener Werft bietet derzeit 2.500 Leuten Arbeit. Im Auftragsbuch stehen nur noch vier Containerschiffe — das letzte wird im Juni 1994 fertig sein.

Die Wismarer Werft soll ein überdachtes Großdock bekommen. „Das hätten wir auch gern“, sagt Betriebsrat Manfred Lührs. Dann könnte man größere Schiffe bauen und müßte außerdem die Schiffe für Spritzarbeiten nicht kostenaufwendig „einplanen“. Zum letzten Mal sei vor 25 Jahren in die Schiffbauhalle investiert worden. Ein Großdock zusammen mit einer Fischereihafen-Doppelschleuse — damit könnte seinen Marktanteil steigern, sagt der Betriebsrat.

Von der Bremen-Norder Werft zum WeltkonzernFoto: taz

Doch die Investitionen wandern erst einmal in den Osten. Dort bekommt Hennemann einen 50prozentigen Investitionszuschuß vom Staat. Der Vulkan- Chef sieht die Schichau-Werft dennoch nicht chancenlos — aber die Werft „muß sich rechnen“. Er verlangt konkrete Gespräche

darüber, wie man die Auftragslücke arbeitsplatzschonend überwinden will.

Ohnehin sieht Hennemann die west- und ostdeutschen Werften nicht in Konkurrenz: Im Gegenteil: Durch den Verbund würden sie stärker. So sinken die Kosten für die Entwicklung einer Spit

zentechnik umso mehr, je öfter man sie in Schiffen einsetzen könne. Aber die gesamte Zukunft des deutschen Schiffbaus hänge wesentlich davon ab, ob die Bundesregierung tatsächlich die Werftenhilfe von 7,5 Prozent Zuschuß pro neuem Schiff streiche. Da nütze auch die beste Technik am Markt nichts — „und die Konkurrenz gegen den japanischen Finanzminister können wir nicht gewinnen“. Werde die Werftenhilfe gekürzt oder gestrichen, müsse mit Kurzarbeit und möglicherweise auch mit einem „geringen Personalabbau“ gerechnet werden.

Hauptkonkurrenten der euopäischen Schiffsbauindustrie sind heute Japan, Südkorea und die USA. Alle drei Länder subventionieren ihre Werftindustrien. Der europäische Marktanteil sinkt seit 1965 kontinuierlich. Der Vulkan Verbund hat die Konsequenz gezogen: Seit drei Jahren baut er auf „Diversifikation“, also auf weitere Unternehmenszweige als nur den Schiffbau. Den Schiffbau-Anteil hat man innerhalb von drei Jahren von 90 Prozent auf 35 Prozent drücken können. Mit den neuen Standbeinen Elektronik, Systemtechnik, Industrie (vor allem Werkzeugmaschinenbau) und Dienstleistung (z.B. Software und Reederei) will man langfristig je ein Viertel des Umsatzes machen.

Das Ergebnis des ersten halben Jahres 1993 liegt rezessionsbedingt mit 22 Millionen (nach Abzug der Steuern) um 7 Millionen unter dem des Vorjahres. Wegen Sparmaßnahmen im Verteidigungshaushalt blieben bei Atlas Elektronik vor allem im Bereich der Marinesysteme und der Unterwassertechnik die Aufträge aus. Insgesamt beträgt der Anteil der wehrtechnischen Aufträge am Gesamtumsatz noch 20 Prozent.

Zwar betrachtet sich der Vulkan Verbund noch als einer der kleineren auf dem Weltmarkt, aber mit dem mittlerweile ausgebauten Vertriebsnetz könne man glatt so manche lokale Rezession ausgleichen, meint der Vulkan- Chef. So ziehe im ostasiatischen Bereich und in den USA die Konjunktur gerade wieder an. „Wir setzen voll auf Internationalisierung.“ Ungern nur verkauft man Lizenzen direkt, lieber ist den Manger eine Kooperation, um über ansässige Hersteller am Markt „teilnehmen“ zu können. „Wenn die Märkte nicht zu uns kommen, dann müssen wir mit unserer Know-how-Vermarktung eben zu den Märkten kommen“, meint Hennemann flott. cis