Hyperkommunikation Von Mathias Bröckers

Ein Männlein steht im Walde. Es spricht: „Ich bin alt, älter als das Denken in deiner Gattung ... Obwohl ich seit urdenklichen Zeiten auf der Erde weile, komme ich von den Sternen. Meine Heimat ist kein Planet, denn viele Welten, verstreut über die leuchtende Galaxis, haben Lebensbedingungen, die meinen Sporen eine Chance geben. Der Pilz, den du siehst, ist der Teil meines Körpers, der der sexuellen Erregung und dem Licht geweiht ist. Mein wahrer Körper aber ist ein feines Geflecht von Fasern, die in der Erde wachsen. Solche Geflechte können etliche Morgen Land bedecken und mehr Querverbindungen haben als ein menschliches Gehirn. Durch besondere Fähigkeiten, die dir wegen gewisser Mängel in deinem Realitätsmodell unerklärlich sind, sind alle meine Myzelgeflechte in ätherischer Kommunikation ... Der Myzelkörper ist so zart wie ein Spinnengewebe, aber sein kollektiver Geist und sein Gedächtnis sind ein großes historisches Archiv, in dem der Verlauf der Intelligenzentwicklung auf vielen Welten in unserem Spiralnebel gespeichert ist ... Wie diese Hyperkommunikation funktioniert, ist ein Geheimnis, das dem Menschen nicht leichtfertig anvertraut wird, aber der Schlüssel zu ihm ist das Vorhandensein von Psilocybin und Psilocin in den biosynthetischen Kanälen meines lebenden Körpers ... Mein Myzelgeflecht hat weder Organe noch Hände, um die Welt zu bewegen; aber höhere Tiere mit manipulativen Fähigkeiten können Partner meines Sternenwissens werden ...“

Fax, Modem und Funktelefon sind vielleicht ganz brauchbar, verglichen mit derlei Hyperkommunikation aber doch ganz armselige Gerätschaften – wenn es denn stimmt, was dieser Pilz seinem User Terrence McKenna hier erzählt. Und was Schamanen, Heilerinnen und Eingeweihte seit Jahrtausenden behaupten: daß die Einnahme bestimmter magischer Pilze gleichsam wie das Aufstellen einer Satelliten-Schüssel wirkt und dem Hirnkastl den Empfang ungeahnter Programme ermöglicht. Auskunft über Kultur, Geschichte, Botanik und Chemie dieser televisionären Gewächse gibt das jetzt erschienene Buch „Zauberpilze“ (Hrsg. Ronald Rippchen, Verlag Medienexperimente, 230 Seiten, 30 DM). Berichte aus Forschung und Selbsterfahrung gehen der rätselhaften Symbiose von Mensch und Pilz nach, vom archaischen Ursprung des Bewußtseins und der Religionen – der Affe, meint McKenna, kam historisch erst zur Sprache und damit zu Bewußtsein, als er den Spitzkegeligen Kahlkopf (Psilocybe semilanceata) aß – bis hin zu den Video-Helden der Jetzt-Zeit wie dem Nintendo-Abenteurer Mario, der durch den Verzehr von magic mushrooms zum Super-Mario wird.

Vorsicht bei Versuchen in der Wirklichkeit gebietet nicht nur das Betäubungsmittelgesetz, das einige der Zauberpilze auf dem Index führt, sondern vor allem die Vernunft: „Den Umgang mit Pilzen“, heißt es im Vorwort, „muß man lernen. Bevor man Auto fährt, macht man einen ,Führerschein‘. Eine ähnliche ,Fahrschule‘ sollte auch auf der psychoaktiven Ebene besucht werden, bevor man sich in die Abgründe der eigenen Psyche stürzt und deren Gipfel erstürmt.“ Die „Theorie“ für die Praxis der Wald-und-Wiesen-Hyperkommunikation liegt mit diesem Buch vor.