Kein billiger Jakob

■ Importpillen:Ärzte und Apotheker behindern Vertrieb

Bundesweit entsteht den Krankenkassen durch teure Arzneimittel ein jährlicher Verlust von einer halben Milliarde Mark. Darauf wies die Hamburger Verbraucherzentrale gestern hin. Die Alternative: billigere Importmedikamente. Doch Apotheken in der Hansestadt bieten den Verbrauchern kaum die Sparpackungen an. Obwohl sie dazu durch das Gesundheitsreformgesetz seit 1989 verpflichtet sind.

„Wir führen keine ausländischen Produkte“, mußten sich die Mitarbeiter der Verbraucherzentrale bei einer telefonischen Umfrage unter 200 Apotheken sagen lassen. Nur acht Apotheken hatten die Importpillen, nach denen gefragt wurde, vorrätig. Zwei Drittel hätten sie immerhin bestellt. Allerdings mit einer Wartezeit von mehreren Tagen. Die anderen Apotheken haben sich sogar grundsätzlich geweigert, Importmedikamente abzugeben.

Dabei handelt es sich nicht etwa um von ausländischen Firmen produzierte Arzneimittel. Die sogenannten Importpillen werden in Deutschland hergestellt und sind für ausländische Abnehmer bestimmt. Die müssen sehr viel weniger dafür zahlen als ein deutscher Kunde. Denn der hiesige Markt ist überteuert. Daher lohnt es sich für ausländische Geschäftsleute auch, die Produkte nach dem Kauf über Großhändler zurück nach Deutschland zu liefern und sie hier unter dem Preis der Originale anzubieten.

Die zweite Variante: Ausländische Tochterfirmen deutscher Chemiekonzerne stellen die Arzneimittel her. Dann landen sie ebenfalls wieder über Großhändler auf dem deutschen Markt. Die Preisunterschiede betragen, für fast identische Produkte, in beiden Varianten zwischen zwei und zehn Mark im Vergleich zum Original. Der Verbraucher kann sicher sein, auf jeden Fall hochwertige Medikamente zu beziehen, da die Importpillen, wie jede andere Arznei auch, eine Kontrolle nach dem deutschen Arzneimittelrecht durchlaufen und zugelassen werden müssen.

„Der Vertrieb der Importarzneien wird durch das Interessengeflecht von Ärzten, Apotheken und Krankenkassen massiv behindert“, sagte Charlotte Huhn, Patientenberaterin der Verbraucherzentrale. Daran habe auch der am ersten Juli geschlossene Rahmenvertrag zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverein nichts geändert, der die Apotheker zur Abgabe von „namensgleichen importierten Arzneimitteln“ verpflichtet.

Die Verbraucherzentrale drängt die Krankenkassen jetzt, „auf strikte Einhaltung des Rahmenvertrages zu achten und ihrer Kontrollfunktion nachzukommen, um die Kosten im Gesundheitswesen zu reduzieren“, so Charlotte Huhn.

Torsten Schubert