Reform in vielen kleinen Sprüngen

■ Senat beschließt Grundlagen der Verwaltungsreform / Strittige Zusammenlegung der Bezirke blieb ausgeklammert

Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) war voll des Lobes für die Leistungen des Senats, der CDU/SPD-Koalition und des Regierenden Bürgermeisters. Mit der gestern im Senat beschlossenen Verwaltungsreform hätten, so der Innensenator, alle Beteiligten Herausragendes geleistet und entscheidende Weichen für eine bürgernahe Verwaltung gestellt. Allerdings hat der Beschluß einen kleinen Schönheitsfehler: Die zentralen Streitpunkte mit den Bezirken – die Gebietsreform und die Errichtung neuer Landesämter – wurden während der fünfstündigen Senatssitzung gar nicht behandelt und aus der Beschlußfassung ausgeklammert. Wie berichtet, war die vom Senat vorgesehene Reduzierung von bislang 23 auf 12 Bezirke auf scharfe Kritik gestoßen, ebenso die Verkleinerung der Bezirksämter. Mit den auf der Senatssitzung anwesenden Sprechern des Rats der Bürgermeister, dem Wilmersdorfer Bürgermeister Horst Dohm (CDU) und seinem Weddinger Kollegen Jörg-Otto Spiller (SPD), habe, so Heckelmann, „weitgehender Konsens“ bestanden. Dohm bestätigte gegenüber der taz diese Einträchtigkeit – sie sei allerdings kein Wunder gewesen, „da die entscheidenden Knackpunkte von der Tagesordnung genommen wurden“.

Im Kern sieht der gestrige Senatsbeschluß vor, die Zweiteilung der Verwaltung in Bezirke und Hauptverwaltung beizubehalten, sie dabei aber leistungsfähiger zu machen und auch noch zu sparen. Doppelzuständigkeiten sollen künftig vermieden werden, die Bezirke in einzelnen Bereichen mehr Autonomie erlangen. Sie sollen globale Finanzmittel mit einem Höchstbetrag für Personalausgaben und einem Mindestbetrag für Investitionen erhalten, mit denen sie in eigener Verantwortung wirtschaften können. Bebauungs- und Landschaftspläne sollen ebenfalls grundsätzlich von den Bezirken aufgestellt werden. Bei Ver- und Entsorgung, dringend notwendigem Wohnungsbau und überbezirklicher Verkehrsplanung und Bebauungsplanverfahren im City- Bereich bleibt allerdings die Hauptverwaltung zuständig. Welche konkreten Fälle das betreffen könnte, vermochte der Innensenator nicht zu sagen. Langfristig soll in der gesamten Verwaltung ein neues Steuerungsmodell eingeführt werden, demzufolge die unteren Ebenen mehr Kompetenzen erhalten. Die Zahl der Senatsressorts soll von derzeit 16 auf höchstens zehn plus Regierender Bürgermeister verringert werden.

Binnen vierzehn Tagen soll der Senatsbeschluß laut Heckelmann in Gesetzesfassung vorliegen und dann auch erneut im Rat der Bürgermeister erörtert werden. Sowohl Horst Dohm als auch Kreuzbergs Bürgermeister Peter Strieder (SPD) zeigten sich gegenüber der taz unzufrieden mit den vagen Formulierungen. „Man begrüßt es, wenn ein Senator versucht zu springen, aber er ist nicht weit genug gesprungen“, sagte Strieder. Gegen Null tendieren ihrer Einschätzung nach die Durchsetzungschancen für die ausgeklammerte Gebietsreform. Der Widerstand allein der SPD-regierten Bezirke sei so groß, sagte Strieder, daß sie in dieser Form nie beschlossen würde. Und auch Dohm glaubt, daß in beiden Koalitionsfraktionen kein Konsens herzustellen sein wird. Kordula Doerfler