■ Soll man die FAP verbieten?
: Kein Spielraum für Sozialpsychologie

Die Argumente, die für oder gegen ein Verbot rechtsextremer Parteien sprechen, sind hinlänglich bekannt. Sowohl die politischen als auch die pragmatischen. Für ein Verbot spricht beispielsweise, daß damit den ideologischen Brandstiftern der neonazistischen Szene die finanziellen Mittel, die organisatorische Basis und die Möglichkeit, öffentlich aufzutreten, entzogen werden. Nicht zuletzt können sie dann auch bei einem Zuwiderhandeln strafrechtlich verfolgt werden. Gegen ein Verbot sprechen in erster Linie praktische und sozialpädagogische Argumente. Verbote werden von den Organisatoren dieser Parteien umstandslos unterlaufen, die verbotene Partei wird einfach durch eine neue ersetzt. So hat der Chef der FAP, deren Verbot jetzt diskutiert wird, Friedhelm Busse, seine eigenen Erfahrungen mit Parteiverboten. Seine frühere Truppe, die „Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit“, wurde am 27. Januar 1982 vom Bonner Innenminister verboten. Seine späteren Aktivitäten hat das Verbot nicht bremsen können. Ein anderes, ein gewichtigeres Argument, das von Gegnern eines Parteiverbotes angeführt wird, lautet, mit einem Verbot werden jugendliche Mitläufer und ideologisch noch nicht überzeugte Neonazis umstandslos mit den Organisatoren und Führern solcher Gruppen gleichgestellt. Das Verbot ihrer Gruppe könne so insbesondere Jugendliche stigmatisieren. Quasi in einer Trotzhandlung könnten sie sich zu dem entwickeln, was mit dem Verbot vermieden werden sollte: zu überzeugten Neonazis. Über das Für und Wider von Verboten wird seit Jahren erbittert gestritten. Der Streit war allerdings einer der alten Bundesrepublik – bei allen Gegensätzen gingen die Kontrahenten davon aus, daß der Rechtsextremismus in der Bundesrepublik keine wirkliche Gefahr für die oft zitierte „zivile Gesellschaft“ darstelle.

Die Attacken auf AusländerInnen in Hoyerswerda und in Rostock-Lichtenhagen haben ebenso wie die Morde in Mölln und Solingen das alte Koordinatensystem der Verbotsdebatte verschoben. Die Gewalt geht heute „von der Mitte der Gesellschaft“ aus. Daß die Brandenburger Ortsgemeinde Dolgenbrodt kollektiv für das Abfackeln eines Flüchtlingsheimes Geld gesammelt haben soll, belegt dies in erschreckender Weise. In einer solchen Situation das Treiben rechtsextremer Parteien aus pragmatischen oder aus pädagogischen Gründen weiterhin tolerieren zu wollen kommt mehr oder weniger einer Unterstützung gleich. Wenn die körperliche Unversehrtheit von AusländerInnen und Andersdenkenden – von allem, was nicht deutsch ist – zur Disposition steht, gibt es keinen Spielraum mehr für einen diffizilen Streit über Sinn oder Unsinn sozialpsychologischer Erklärungen und sozialarbeiterischer Strategien. Das gilt auch, wenn man weiß, daß mit Verboten eigentlich nichts erreicht werden kann. Wolfgang Gast