Jagd auf „Luigi“

■ Großrazzia im Einkaufszentrum: Arbeitsamt-Fahnder nahmen 36 illegale Arbeiter fest     Von Kai von Appen

FahnderInnen der „Ermittlungsgruppe Illegale Beschäftigung“ des Hamburger Arbeitsamts - unterstützt von MitarbeiterInnen der Zollfahndung - haben gestern morgen eine Großrazzia auf der Baustelle des „Elbe-Einkaufszentrums“ (EKZ) durchgeführt. Sie überpüften 350 Malocher, nahmen 36 illegal Beschäftigte vorübergehend fest.

Osdorf, Mittwoch, 10.45 Uhr: Auf der Baustelle des EKZ, das übernächsten Samstag wiedereröffnet werden soll, geht es hoch her. Kreissägen kreischen, Hämmer schlagen und an den Einfahrten stauen sich die Baufahrzeuge. Um Punkt elf Uhr flackern plötzlich Blaulichter auf. PolizistInnen springen aus ihren Wannen und stürmen auf die Baustelle. Innerhalb einer Minute ist der gesamte Neubau von einer Hundertschaft umstellt.

Beim Toom-Mark gibt es Ärger: Private Sheriffs versuchen schnell noch die Türen zu verriegeln, der Polizei den Zutritt zu verwehren. Doch die Uniformierten stürmen kurzerhand in den Markt, um das Untertauchen von Arbeitern zu verhindern. Die Toom-Manager sind empört, versuchen wenig später, einige Arbeiter aus dem Haus zu schaffen. Doch die BeamtInnen lassen niemanden mehr raus.

Dann beginnt die Arbeit der 47 FahnderInnen. Systematisch werden alle Arbeiter überprüft, nachgesehen, ob sie ihren Sozialversicherungsausweis dabei haben. Im Westflügel, wo eine Ladenpassage entsteht, müssen sich die Arbeiter unter der Glaskuppel versammeln. Dann wird registriert: Name, Anschrift, Betrieb, beschäftigt seit... Nur wer offenkundig schon mehrere Jahre bei einer Firma beschäftigt und Deutscher ist, muß sich dieser Prozedur nicht unterziehen, bekommt einen Passierschein - denn es gilt, vornehmlich illegale Ausländer aufzuspüren.

Für Einsatzleiterin Astrid Schulz-Ewers ist die Großrazzia „reine Routine“. Schulz-Ewers zur taz: „Wir hatten gesehen, daß hier sehr viel gearbeitet wird und sehr viele Kräfte eingesetzt werden.“ Dann werden die Fahnder fündig. Zwei Südeuropäer haben keine Aufenthaltsgenehmigung. Und auch ein Pole, der bereits drei Wochen im EKZ arbeitet, hat keine Arbeitserlaubnis. „Wie heißt Ihre Firma“, fragt eine Fahnderin auf Polnisch. Der Mann zuckt mit den Schultern. „Wie heißt Ihr Chef?“ Wieder Achselzucken. „Wer hat Sie denn eingestellt und wer zahlt Ihren Lohn?“ „Luigi“, antwortet der Mann, dem bereits die Tränen in den Augen stehen. Wo er wohne? „Elbe.“ „Wo da?“ Der Pole stellt sich nun stur, tut so, als wenn er das Polnisch der Fahnderin nicht versteht. Polizisten führen ihn ab, dann geht's im Gefangentransporter zur Wache. Dieses Schicksal erleiden an diesem Tag 36 ausländische Malocher. Ihnen droht jetzt die Abschiebung.

Nachdem das Gros der im EKZ eingesetzten Arbeitskräfte überprüft worden ist, wird von Fahndern nun nochmal Baustelle für Baustelle überprüft. Im Klartext: Jedes Geschäft, in dem derzeit gewerkelt wird, wird aufgesucht und durchsucht. Routine. Denn in dieser Riesenbaustelle ist es kein Kunststück, sich der Überprüfung in der ersten Runde zu entziehen.

Am Abend ist das Arbeitsamt mit dem Ergebnis zufrieden. Ein Sprecher: „Ziel der Aktion war es, nicht unbedingt viele illegal Beschäftigte aufzuspüren, sondern auch Verunsicherung in der Szene zu schaffen. Daß sich jemand im Keller versteckt, können wir natürlich nicht ausschließen.“