Metz: Sanierung droht zu scheitern

■ In den Entwürfen für den Etat 1994 fehlen hunderte von Millionen / Risiken außen vor

„Wenn nicht bald Wunder passieren, wird das Sanierungsprogramm nicht laufen.“ So drastisch sieht Reinhard Metz (CDU), Vorsitzender des Haushaltsausschusses der Bremer Bürgerschaft, die Lage der bremischen Staatsfinanzen. Grundlage seiner Einschätzung sind die Zahlen aus dem Haushaltsplan 1994, den der Ausschuß in den nächsten Wochen beraten wird.

Danach liegt die Prognose für das laufende Jahr 1993 400 Millionen Mark über dem, was die Bürgerschaft beschlossen hat. Und bereits jetzt geht das Finanzressort davon aus, daß 1994 zur Tilgung der 1,8 Milliarden Mark Schulden, die Bonn zur Sanierung überwiesen hat, nicht 900, sondern nur 307,1 Millionen verwendet werden können. Wenn das so weitergeht, so Metz, werde Bremen am Ende der „Sanierung“ insgesamt noch zwischen 17 und 18 Prozent seines Etats für die Schulden-Tilgung aufbringen müssen. Ziel der Sanierung war aber, diese Zins-Steuer-Quote auf 13,7 Prozent zu drücken.

Dabei sind wesentliche „Haushaltsrisiken“ nicht eingerechnet. Zwar hat Bremen die Hemelinger Marsch gekauft (ca. 25 Millionen), im Staatshaushalt steht diese Summe aber nicht - in der Hoffnung, beim Verkauf an potentielle Ansiedler diese Summe wieder einnehmen zu können. Im kommenden Frühjahr werden über 100 Mio. Mark Bürgschaft fällig, mit denen das Land Bremen den Kauf von Krupp-Atlas- Elektronik durch den Vulkan abgesichert hat. Nur durch komplizierte finanzpolitische Tricks ist dieser Betrag nicht längst dem bremischen Schuldenberg zugerechnet, die EG-Kommission hat die Finanzierungskonstrukion als versteckte Subvention des Vulkan gekennzeichnet. Und in wenigen Wochen muß eine Lösung für Klöckner gefunden werden, die das Land - auch nach interner Einschätzung des Finanzressorts - direkt oder indirekt einige hundert Millionen kosten könnte.

Im Sanierungsvertrag mit dem Bund steht aber, daß das „Sonderinvestitionsprogramm“ nur aus eingesparten Zinsausgaben finanziert werden darf. Wenn die Schulden nicht wesentlich gesenkt werden können, gibt es deshalb kaum Spielraum für Investitionen. 2 Milliarden geringer als im Sanierungsvertrag geplant dürfte das Programmausfallen, hatte Kröning kürzlich prognostiziert. Haushaltsexperte Metz sagt: „bis zu 4 Milliarden weniger“. Ohne Sonderinvestitonsprogramm aber schwindet die Hoffnung, daß Bremen den Anschluß an die bundesdurchschnittliche Wirtschaftsentwicklung finden wird.

Wie das im Ergebnis katastrophale Finanzgebaren zustande kommt, erläuterte Metz in einem Hintergrundgespräch vor Journalisten am Beispiel der aktuellen Beratungen. Am 27. April hat der Senat „Eckwerte“ für die einzelnen Ressorts und den Haushalt 1994 beschlossen. Einstimmig. Inzwischen haben die Deputationen unter Vorsitz der zuständigen Senatoren Vorschläge für die Verwendung der ihnen zugeschriebenen Mittel gemacht. Insgesamt liegen die Beschlüsse der Deputationen um 31 Millionen über den Eckwerten. „Unglaublich“, sagt Metz, „in Bonn wäre sowas undenkbar“. Daß irgendeiner der Senatoren in seiner Fachdeputation gegen die Vorlagen gestimmt hat, sei ihm nicht bekannt geworden. Die SenatorInnen nähmen die Haushaltsbeschlüsse des eigenen Senats also nicht ernst.

Selbst um die Summen der Eckwerte finanzieren zu können, müssen noch Einsparungen vorgenommen werden. Um diese Beschlüsse vorzubereiten, ging der Senat in Klausur. Der Senat kommt aus der Klausur zurück und hat nur über Ausgaben geredet, die Einsparungen vertagt. Metz: „Die Senatsklausur wurde kurzfristig umfunktioniert zu einer Hilfsveranstaltung für Herrn Wedemeier, damit er seinen Parteitag übersteht.“ Keine zehn Tage vor diesem Parteitag machte Wedemeier persönlich den Vorschlag für weitere 11 Millionen Ausgaben, die die für SPD-Anhänger besonders sensiblen Politikbereiche begünstigen sollen. Metz: „Die sind natürlich auch nicht gedeckt.“

37 Millionen des Etats will die Koalition für besonders profilierungs-trächtige Ausgaben verwenden, darüber ist noch nicht entschieden. Das heißt: Der Haushaltsausschuß des Parlaments muß seine Beratungen beginnen, ohne daß alle Etatposten für alle Ressorts vorliegen. Aus den einzelnen Ressorts sind „Voranmeldungen“ auf diese 37 Millionen gekommen, die glatt das Vierfache der Summe erfordern, berichtet Metz. Und um ihren Anspruch auf Mittel aus diesem Topf zu unterstreichen, haben die Ressorts wirklich unabweisliche Ausgaben für diese 37 Millionen angemeldet. Unabweisbar notwendige Ausgaben fehlen dann in den regulären Haushaltsplan-Entwürfen. Metz: „Wer so Haushalte aufstellt, dem kann man nicht zutrauen, daß er das Land saniert.“ K.W.