Der Rotstift streicht Berlins Fassaden grau

■ Senat beendet das erfolgreiche Hofbegrünungsprogramm Verwaltungsmitarbeiter reden von einem „Drama für Berlin“

Geld vom Senat für Pflanzen an Hauswänden und auf Dächern gibt es im nächsten Jahr nicht mehr. Die Landesregierung hat am Dienstag das Hofbegrünungsprogramm gestrichen. Die schwierige Haushaltslage zwinge sie dazu, hieß es nach der Sondersitzung. Mitarbeiter der betroffenen Verwaltungen reagierten bestürzt: „Wir sind traurig und erbost.“

Zehn Jahre lang wurden Bemühungen unterstützt, Kletterpflanzen an Fassaden hochranken zu lassen, triste Innenhöfe grüner zu gestalten und auf Dächern Gräser, Blumen und Sträucher zu pflanzen. 1.400 Projekte wurden gefördert, jährlich brachte der Senat dafür rund drei Millionen Mark auf. Noch vor einem Jahr ließ Volker Hassemer (CDU), Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz, das Förderprogramm in den höchsten Tönen loben: Für wenig Geld ziehe die Stadt enormen Nutzen, hieß es. Neben den ökologischen sollten die sozialen Vorzüge beachtet werden.

Das scheint heute vergessen: „Wir bedauern die Streichung, aber wir müssen halt Opfer bringen“, erklärte Hassemers Pressesprecherin Ulrike Plewnia gestern der taz. Der Senat sei in einer „angespannten Lage, da mußten wir Sparvorschläge einreichen“. Daß ausgerechnet ein so preiswertes Programm mit hohem Nutzen gestrichen wird, ist für die mit dem Programm beschäftigten Verwaltungsmitarbeiter unverständlich: Das „kaum zu behebende Grünflächendefizit in der Innenstadt konnte spürbar kompensiert“ werden, lobt ein interner Bericht.

Solche Verbesserung habe man sich auch für Ostberlin erhofft, so ein Mitarbeiter: „Gerade haben wir die Leute überzeugt und motiviert, jetzt müssen wir ihnen absagen.“ Das Ende des Förderprogramms sei „ein Drama für Berlin, gerade für den Osten“. Zahlreiche Anträge, vor allem aus Prenzlauer Berg, liegen den privaten Büros und den Mitarbeitern der Bezirke und der Senatsverwaltung vor, „die können nicht mehr beschieden werden“.

Gerade im Osten seien Mieter nur durch den finanziellen Anreiz, der keineswegs eine Vollfinanzierung bedeutete, zu motivieren gewesen. Diesen Aspekt bewertet die Senatsverwaltung seit dem Beschluß gering: „Das Geld war ja nicht so entscheidend“, meint Sprecherin Plewnia. Wichtig sei, daß der Senat „auch weiter sein Know-how zur Verfügung stellt“ und daß in einer Fibel die Erfahrungen zusammengestellt werden. Dazu gehört nach Meinung der Fachleute, daß es sich „als Sozialprogramm erwiesen“ hat, die Hofbegrünung zu fördern. Sie habe die Mieter geeint, die einst unfreundliche Hinterhöfe fortan als ihren gemeinsamen Lebensraum empfunden hätten. Christian Arns