Theaterdonner im Davis-Cup

■ Tennis-Smartie Marc-Kevin Goellner bringt mit seinem Davis-Cup-Ultimatum die Teamkollegen auf die Palme

Long Island (dpa) – Marc-Kevin Goellner hat sich bei seinen Davis- Cup-Kollegen viele Sympathien verscherzt und bleibt dennoch auf Davis-Cup-Konfrontationskurs. Mit absolutem Unverständnis, heftiger Kritik und Empörung reagierten Michael Stich und Carl- Uwe Steeb beim Turnier in Long Island auf den Brief des 22jährigen an den Deutschen Tennis-Bund (DTB). Darin hatte der Neusser vier Wochen vor dem Davis-Cup- Halbfinale in Schweden mit Boykott gedroht, falls seiner „dringenden Bitte“, der Begleitung seines Betreuer-Teams mit Trainer Andreas Maurer sowie den Physiotherapeutinnen Christina und Heidi-Marie Walber „rund um die Uhr und an jedem Ort“, nicht nachgekommen werde.

„Marc sollte alt genug sein, allein spielen zu können. Niki Pilic ist der Teamchef und nicht Andreas Maurer. Zudem hat der DTB ausgezeichnete Ärzte und Physiotherapeuten“, erklärte Stich und stellte fest: „Ein Andreas Maurer hat im Team nichts zu suchen. Wenn er kommen will, soll er sich ein Ticket kaufen und zusehen.“

Auch Steeb ließ kein gutes Haar an Goellner, der erst vor sechs Wochen im Viertelfinale gegen die Tschechische Republik sein Davis- Cup-Debüt gegeben hatte. „Was hat er sich nur dabei gedacht, als Neuling solche Forderungen zu stellen? In einem Team muß man eigene Interessen unterordnen, aber Marc versucht sowieso, sich von allem abzukapseln“, wetterte der Schwabe und kritisierte überdies Goellners Methode: „Das klärt man im Gespräch von Mann zu Mann und nicht in einem Brief.“

Selbst Goellners Vater Michael versteht nicht, was in seinen Sohn gefahren ist, und kritisierte heftig die Beziehung zwischen seinem Sohn und Maurer. „Für mich grenzt das, normales Geschäftsleben vorausgesetzt, an Sittenwidrigkeit und Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses“, erklärte er in einem Interview mit dem Bonner General-Anzeiger und prophezeite: „In wenigen Jahren wird der Marc vor einem Scherbenhaufen stehen. Es ist absolut nicht mit ihm zu reden.“

Der in Long Island weilende Goellner schluckte zwar angesichts der geballten Schelte, hielt aber an seinem Kurs fest und verteidigte die Wahl seiner Mittel. „Ich habe einen Brief geschrieben, weil ich das für sehr persönlich hielt. Zudem bin ich Tennisprofi. Ich bin viel unterwegs, habe wenig Zeit und kann nicht immer darauf achten, wann es günstig ist, zu telefonieren“, lautete die fadenscheinige Argumentation des undiplomatischen Diplomatensohns, der seinerseits in die Offensive ging und den DTB aufs Korn nahm. „Ich bin bitter enttäuscht, daß der DTB den Brief an die Presse gegeben hat. Das war ein persönlicher Brief mit einer Bitte“, so der Neusser, der keinerlei Reue zeigte: „Ich bin sehr zufrieden mit meinem Brief und würde ihn nicht ändern. Jetzt werde ich warten, bis jemand an mich herantritt.“

Nur einen ließ das Davis-Cup- Theater gänzlich unberührt. Boris Becker hatte nach der 4:6, 6:3, 2:6-Erstrundenniederlage gegen den Russen Andrei Tschesnokow keine Lust, auf Goellner einzugehen und meinte nur: „Das ist nicht mein Thema.“