Finanzjongleure schon olympiareif

■ Berliner Senat rechnet mit Riesendefizit bei Olympischen Spielen / „Monitor“: 900 Millionen Mindereinnahmen beim Münzprogramm

Berlin (taz) – Die hundertseitige Studie trägt den Vermerk „streng vertraulich“ und rechnet dem Berliner Senat als Auftraggeber vor, was der öffentlich stets abstreitet: Bei der Finanzierung der Olympischen Spiele im Jahre 2000 wird es nicht Gewinne, sondern kräftige Defizite geben. Während die Berliner Landesregierung auch gegenüber den Prüfern des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) von einem Nettogewinn von 1,4 Milliarden Mark allein aus dem Münzprogramm „Olympia 2000“ ausgeht, steht es in dem internen Papier ganz anders. Darin nämlich wird nur mit einem Überschuß von einer halben Milliarde Mark gerechnet, berichtet das WDR-Fernsehmagazin Monitor.

Der Senat ist in seinen Kalkulationen für das IOC, das in knapp vier Wochen über die Vergabe der Olympischen Spiele im Jahre 2000 entscheidet, von geschätzten Einnahmen in Höhe von 3,5 Milliarden Mark ausgegangen. Bei veranschlagten Kosten von 3,3 Milliarden Mark wäre dabei ein rechnerischer Gewinn von 200 Millionen Mark herausgesprungen. Werden freilich beim Münzprogramm 900 Millionen Mark weniger eingenommen, ergibt das bereits ein Minus von 700 Millionen Mark.

Damit ist die Kalkulation des Senats endgültig Makulatur. Denn auch an anderen Teilen des Zahlenwerks wurde in den vergangenen Monaten wiederholt Kritik geübt, weil darin nur ein Teil der Baukosten für Sportstätten enthalten ist. Investitionen für andere Sportanlagen, die ebenfalls für die Durchführung der Olympiade unverzichtbar sind, wurden vom Senat kurzerhand zu Einrichtungen erklärt, die mit Olympia nichts zu tun hätten. Sie würden angeblich auch bei einer Nichtvergabe der Spiele an Berlin gebaut, behauptet der Senat.

Die interne Studie deckt weitere Finanzierungslöcher auf. Zusätzliche Kosten in Höhe von einer halben Milliarde Mark entstünden durch eine nicht eingeplante Beteiligung des Landes Berlin am Bau der Olympia-Halle. Diese sollte von Privatunternehmen gebaut werden, denen zwischenzeitlich aber das wirtschaftliche Risiko zu hoch wurde.

Exakte Summen über das Defizit werden in der Studie nicht genannt. Es heißt aber, daß für den zu erwartenden Fehlbetrag das Land Berlin und der Bund jeweils zur Hälfte aufkommen müßten. Der Bundesanteil solle vor allem aus dem Umzugsprogramm „Hauptstadt“ gedeckt werden.

Beim Senat wird die Existenz der Studie rundweg geleugnet. Der zuständige Staatssekretär Bock hält die Gewinnerwartungen durch das Münzprogramm für „durchaus realistisch“. Eine „Garantieerklärung“ des Bundesinnenministeriums habe zudem das – von Bock zugegebene – „ungläubige Staunen“ beim IOC gänzlich ausgeräumt. Auch der Geschäftsführer der Olympia GmbH, Axel Nawrocki, betont, man rechne „nicht mit einem erheblichen Defizit, sondern mit Gewinn“. Senatssprecher Butz sprach gar von „barem Unsinn“. Monitor dagegen verweist darauf, daß die Olympia-Kandidaten Peking und Sydney aus ihren Münzprogrammen nur mit einem Zehntel der Berliner Gewinne rechnen. gn