Dioxin an Blattsalat und Pflaumen

■ Großbrand in Schwelm hat langfristige Folgen / Obst und Salat aus der Umgebung ist nicht zum Verzehr geeignet

Berlin (taz/dpa) – Bei dem Großbrand im nordrhein-westfälischen Schwelm vom vergangenen Sonntag sind Dioxine freigesetzt worden. Das Landesamt für Immissionsschutz in Essen stellte bei ersten Untersuchungen 7,5 Nannogramm (ng) Dioxin TE pro Kilo Trockenmasse für Kopfsalat und knapp sieben ng TE pro Kilo Trockenmasse bei Pflaumenblättern fest. TE gibt die Giftigkeit verschiedener Dioxine umgerechnet auf Seveso-Dioxin an. Die Proben seien 30 bis 40 Meter vom Brand entfernt genommen worden, hies es bei den Behörden.

Joachim Loose vom Hamburger Ökopol-Institut sagte, daß die Belastung bei diesen Salatköpfen etwa 20mal so hoch wie normal sei. Mit einer Salatportion von 100 Gramm würde ein Kind mindestens die fünffache vom Bundesgesundheitsamt empfohlene Tagesdosis zu sich nehmen.

Das Gewerbeaufsichtsamt Hagen als Auftraggeber der Untersuchungen verfügte angeblich auch gestern mittag noch nicht über die Zahlen. „Wir haben hier keine schriftlichen Daten zu den Dioxinemissionen beim Brand“, sagte der Leiter des Amtes, Manfred Pietsch der taz. Dagegen lagen die Zahlen im Düsseldorfer Umweltministerium vor.

Schon am Mittwoch abend hatte Georg Krause von der Landesanstalt vor vielen hundert Bürgern der Stadt Schwelm die ersten Dioxinfunde eingeräumt, aber gemeint, „eine nennenswerte Belastung ist nicht zustande gekommen“. Die Analysen seien aber noch nicht endgültig abgeschlossen. Auch Krause riet, kein Obst und Gemüse zu ernten oder zu verzehren. Aufgebrachte Bürger fragten lautstark, warum Schulen und Kindergärten nicht vorsorglich geschlossen worden seien. Es sei eine Unverschämtheit, daß erst vier Tage nach dem Brand Kinder nicht mehr auf mehreren gesperrten Sportplätzen spielen sollten, meinte eine Frau.

Nach einer ersten Analyse von Bodenproben, die die Umweltschutzorganisation Greenpeace gezogen hatte, sind auch „erhebliche Mengen“ organischer Chlorverbindungen freigesetzt worden. Nach den Erkenntnissen der Umweltschutzorganisation lagerten in den abgebrannten Hallen der Speditionsfirma unter anderem 700 Tonnen Kunststoffgranulate, 100 Tonnen Kautschuk sowie 600 Tonnen Farbstoffe.

Bei dem Großfeuer waren am vergangenen Sonntag sechs Lagerhallen in Schutt und Asche gelegt worden, wobei eine Giftgaswolke stundenlang über Schwelm und das benachbarte Wuppertal hinwegzog. Der Brand richtete einen Schaden von 20 Millionen Mark an. Brandursache war nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Hagen ein technischer Defekt. ten