Pillendrehen bringt weiter Geldsegen

■ Bayer und BASF berichten über ihre massiven Gewinnrückgänge / Geringe Auslastungen bei Kunststoff und Farben / Neue Massenentlassungen / Gentechnisches Medikament bringt Bayer viel Geld

Berlin (taz/dpa) – Im letzten Jahr war es der schwache Dollar, jetzt sind es die schlappen Währungen bei den EG-Partnern und die allgemeine Rezession, die die exportorientierten Chemiefirmen weiter in den Abgrund treiben – so jedenfalls stellen es die Vorstände von BASF und Bayer dar. Der Ludwigshafener Konzern meldete gestern, daß der Umsatz im Vergleich zum 1. Halbjahr 1992 um 6,6 Prozent zurückgegangen sei. Wegen des Preisverfalls und der mangelnden Nachfrage sackte der Gewinn vor Steuern gar um 50,3 Prozent auf 483 Millionen DM ab.

Bei Bayer in Leverkusen sah es noch etwas besser aus. Dort schrumpfte das Konzernergebnis lediglich um 20 Prozent auf 1,4 Milliarden DM. Insbesondere im Inland registrierten die Chemiemultis schwere Einbrüche: die Autoindustrie braucht weniger Plastik, die Staatskasse ist leer und vergibt insofern kaum Aufträge, die Ärzte verschreiben weniger Medikamente und auch die Pestizide verkaufen sich nicht mehr so gut.

Beide IG-Farben-Nachfolger versuchen, ihre Ergebnisse durch Entlassungen aufzumöbeln. BASF schickte deshalb 4,5 Prozent seiner weltweit 121.000 MitarbeiterInnen nach Hause, und auch bei Bayer erhielten dieses Jahr schon 2.500 Leute ihre Kündigung. Im Gegensatz zur Rezession Ende der siebziger Jahre versuchen die Chemiegiganten nicht mehr, ihr Personal auch über die „Talsohle“ hinweg zu halten. Inzwischen ist nämlich absehbar, daß insbesondere im Bereich der Farben, Massenkunststoffe und Lackrohstoffe der Umsatzeinbruch dauerhaft sein wird. In Ostasien, aber auch in Osteuropa ist eine Konkurrenz entstanden, die diese Produkte zu wesentlich günstigeren Preisen bei gleicher Qualität herstellen kann. In der deutschen Chemieindustrie sind nur noch 70 Prozent der Kapazitäten ausgelastet; ein dauerhafter Schrumpfprozeß ist vorgezeichnet. Daß die Bilanzen der Chemieriesen nicht rot werden, ist vor allem auf die weiter sinkenden Rohstoffpreise zurückzuführen.

Trotz des Gejaules über die Gesundheitsreform ist der Pharmabereich nicht eingebrochen, was allerdings vor allem auf ein wachsendes Geschäft im Ausland zurückzuführen ist. Bayer, das hier immer noch 4,6 Milliarden Mark Umsatz macht, ist traditionell im Pillensektor wesentlich stärker als die Konkurrenz aus Ludwigshafen, womit sich auch die günstigere Bilanz zu einem Großteil erklären läßt. Vor allem das in den USA gentechnisch hergestellte Arzneimittel „Kogenate“ für Bluter schwemmt viel Geld in die Kassen; in den Chefetagen von Bayer rechnete man Anfang des Jahres damit, daß sich allein damit 150 Millionen Mark Umsatz machen ließen. aje