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Linksauslegerin ohne Schlagkraft

■ Die taz-Serie zur Wahl / Heute Folge 4: Stadtentwicklungssenatorin Traute Müller

Wie „entwickelt“ man denn nun eine Stadt? Stadtentwicklungssenatorin Traute Müller, nebenberuflich auch noch für die Gleichstellung der Frauen verantwortlich, darf sich seit zwei Jahren mit der Quadratur des Kreises abmühen: Bauprogramme gegen die Wohnungsnot, aber bitte ohne Naturzerstörung. Büro- und Gewerbeansiedlung, aber bitte ohne Wohnraumverdrängung. Stadtverdichtung, aber bitte ohne den Kleingärtnern auf die Füße zu treten. Frauen fördern, aber bitte ohne den eigenen Politikplatzhirschen ins Revier zu kommen.

Im SPD-Bezirk Eimsbüttel politisch sozialisiert, hat sie inzwischen ihren festen Platz in der Senats-Arithmetik gefunden - als Linksauslegerin ohne Schlagkraft. Taktierer Voscherau hatte der ehemaligen SPD-Vorsitzenden, die ihn bei seinem Regententum manchmal zu sperrig war, einen attraktiven Köder hingeschmissen: Gleich zwei neue Behörden, die es aufzubauen und zu gestalten galt. Traute biß an, und war von Stund an unschädlich gemacht. Der Senatorenmaulkob (gemeinhin auch Kollegialitätsprinzip genannt) schnappte zu, und der Spott aus den eigenen Reihen über ihre runden Tische machten ihr schwer zu schaffen. Wenig überraschend wurde sie dann auch zügig wieder teilentmachtet, das Verkehrsressort mußte sie an den Kollegen Wagner abtreten. Dann ließ sie sich an die Verhandlungsfront mit der Roten Flora schicken, ohne auch nur einen Millimeter von den Vorgaben des Bürgermeisters und des Innensenators abweichen zu dürfen. Zur Zukunft der Hafenstraße schweigt sie betreten, wohl wissend, daß ihre (abweichende) Meinung im Senat nicht gefragt ist. Filz allein hilft da nicht weiter: Auch wenn ihre Behörde der SPD schon mal kollegial beim Formulieren einer Senatsanfrage hilft, die sie dann selbst zu beantworten hat. Ein System der geschlossenen Kreisläufe.

Weiteres Handicap: Ihre unprofessionelle Redeweise mag sich an ihren Runden Tischen nicht störend auswirken, für Großveranstaltungen oder gar Fernseh-Auftritte ist die Minus-Rethorikerin aber nur bedingt verwendbar. Und könnte sie ihre Politik nur besser verkaufen, würde vielleicht sogar jemand merken, daß Hamburg beim Wohnungsbau und Mieterschutz gar nicht so untätig ist. Denn Traute Müllers Round-table-Planungskultur hebt sich, trotz mangelnder Reife im Detail, wohltuend von der bornierten Hinterzimmer-Politik der anderen Behörden ab. Das Testergebnis im Überblick: Filz: Ja und Nein (Karierrefördernd, aber machtminimierend) Emisionswerte: Mäßig, aber regelmäßig Leistung: Besser als ihr Ruf

Marco Carini/Sannah Koch Morgen Folge 5: Leonhard Hajen (Wissenschaft)

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