„Die Frage ist in vollem Umfang nicht gelöst“

■ Streit in der CDU-Fraktion um Schließung des Schiller Theaters schwelt weiter / Kultursenator: Kein Kompromiß / Abstimmung im Abgeordnetenhaus verschoben

Der Streit um die Schließung des Schiller Theaters ist nach der Sommerpause wieder neu entbrannt: Wie Kultursenator Ulrich Roloff-Momin (SPD) gestern vor dem Kulturausschuß des Abgeordnetenhauses bekräftigte, halte der Senat in vollem Umfang an allen Sparbeschlüssen fest. Am 22.Juni war überraschend im Rahmen des Haushaltsentwurfs 1994 beschlossen worden, die Staatlichen Schauspielbühnen und die Kunsthalle zu schließen sowie die Berliner Symphoniker aufzulösen.

Auf ihrer heutigen Sitzung will sich die Landesregierung mit einer detaillierteren Vorlage aus dem Hause des Kultursenators beschäftigen, die Aufschluß über die Spareffekte geben und dann dem Abgeordnetenhaus zugehen soll. Wie berichtet, wird sich das Parlament auf seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause am Donnerstag mit der Schließung des Schiller Theaters beschäftigen, die parlamentarische Abstimmung wurde jedoch um vierzehn Tage auf den 16. September verschoben. Hintergrund ist der weiterhin schwelende politische Streit in der CDU-Fraktion, deren Zustimmung dem Regierenden Bürgermeister immer noch nicht sicher ist. Zwar hatte CDU- Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky am Wochenende eingestehen müssen, daß ein Sparvorschlag des amtierenden Intendanten des Schiller Theaters, Volkmar Clauß, enttäuschend sei. Der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Uwe Lehmann-Brauns, konterte gestern jedoch auf Roloff-Momins Entschlossenheit: „Die CDU- Fraktion hält die Frage für in vollem Umfang nicht gelöst.“

Die weitere politische Debatte um die Sparbeschlüsse des Senats wurde auf die nächste Sitzung des Kulturausschusses am 13. September vertagt. In der mehrstündigen Sitzung wurden gestern insgesamt mehr als 20 Theater- und Opernintendanten angehört, die sich erneut unisono gegen die Senatsbeschlüsse aussprachen, jedoch nur wenig Originelles an Alternativen vorzubringen hatten.

Einig war man sich immerhin, daß eine grundlegende Reform der Berliner Theaterlandschaft vonnöten sei, allerdings brauche man dafür politische Vorgaben von seiten der Politik. „Erst dann können seitens der Künstler konkrete Sparvorschläge gemacht werden, die tatsächlich zu einer günstigeren Finanzierung führen“, erklärte der Direktor der Schaubühne, Jürgen Schitthelm. Er schlug vor, über eine Zusammenlegung der Verwaltungen, einen gemeinsamen Kartenverkauf und eine gemeinsame Nutzung von Werkstätten nachzudenken. „Seit dem 22. Juni beobachten wir einen Niedergang der politischen Kultur, die mich erschreckt“, beklagte Volkmar Clauß das Klima in der Stadt und forderte ebenfalls ein Angebot der Politik. Clauß hatte vergangene Woche vorgeschlagen, die Spielstätten Schiller Theater, Schloßpark Theater und Werkstatt zu erhalten und zu überprüfen, ob sie in eine landeseigene GmbH überführt werden können. Vor allem durch Personalreduzierung sollen seinem Sparkonzept zufolge im kommenden Jahr 4,8 Millionen des 41-Millionen-Etats eingespart werden, 1995 6,5 Millionen Mark. Kordula Doerfler