Der Bürger greift

■ Podium: „Rundfunk braucht Kultur“

Berlin (taz) – Einer bewies zumindest Fahrkultur: RTL-Chef Helmut Thoma war mit einem Bentley – der unaufdringlicheren Rolls-Royce-Version – bei der Akademie der Künste in Berlin- Tiergarten vorgefahren. Dort ließen die Gewerkschaften anläßlich der Funkausstellung unter der Überschrift „Rundfunk braucht Kultur“ wieder mal über die Quoten und die Toten diskutieren. Heraus kam ein Podiumsgespräch, das so auch vor fünf Jahren hätte stattfinden können.

Im Aufgebot gegen den bewährten Zyniker Thoma: sechs Intellektuelle und Intendanten. Einzige klare Erkenntnis des Nachmittags: Das ZDF sieht sich in erster Linie als Traumschiff des Vergnügens. Die Elemente der Grundversorgung zählte Intendant Stolte in folgender Reihenfolge auf: Unterhaltung, Information, Bildung. Die „Hauptqualität“ des Massenmediums Fernsehen, das man nicht „überfordern“ dürfe, sei eben die Unterhaltung: „Danach greift der Bürger.“ Außerdem hieb Stolte auf arte ein: „Fernsehen unter Ausschluß der Öffentlichkeit.“ Da traf er sich mit RTL-Chef Thoma, der sich als „Dienstleister“ gab, der in erster Linie „Reichweite herstellen“ müsse. Carmen Thomas (WDR) machte uns kindergärtnernd eine gemäßigte Regine Hildebrandt: Mal beschrieb sie das Publikum als Kuchen, mal das Programm als Wiese („Rasen und Rosen“). Der Hausherr und Ex-TV-Kritiker Walter Jens forderte – nicht so ganz politisch korrekt – den Witz von Türken und Griechen im Programm ein, das seien ja auch „intelligente“ Menschen.

Weil er dem kleinen Saarländischen Rundfunk vorsteht, hat Intendant Manfred Buchwald so etwas wie politische Narrenfreiheit: Er wagte es, Goebbels, Hitler und Helmut Kohl in einem Atemzug zu nennen. Sein Tip: „Lernt den Umgang mit den Medien!“

PS: Helmut Thomas Chauffeur legt Wert auf die Feststellung, daß dieser sich nur zur Funkausstellung eines Bentleys bedient. Sonst läßt er sich im Porsche kutschieren. kotte