Eine Portion eigenes Denkvermögen

■ betr.: „Kein Anti-Auto-Funda mentalismus mehr“, „Ein Auto ist kein Kühlschrank“, taz vom 7.8.93, „Der Kühlschrank als Auto“, taz vom 14.8.93

Daß Deutschlands Linke uneins sind, das zeichnet sie aus und macht sie sympathisch; sympathischer jedenfalls, als Probleme aussitzende Konservative, für die Einheit und Einheitlichkeit auch im Denken oberstes Gebot sind.

Dennoch scheint es mir eine falsche Entscheidung gewesen zu sein, Herrn Tenhagen neben dem Interview mit Wolfgang Lohbeck auch noch einen Kommentar zur Greenpeace-Sparauto-Kampagne abverlangt zu haben. [...] Der Aufklärungswert – oder auch nur der Erklärungswert – seiner Ausführungen tendiert gegen Null, zumal auch die Vermengung empirischer und analytischer Diskussionsebenen (10.000 Menschenleben hier, symbolbeladener Gegenstand dort) eher Um- als Lösungswege beschert.

Um so erfreulicher, daß Rüdiger Rosenthal in der Ökolumne Gelegenheit erhielt, für Greenpeace nachvollziehbar darzulegen, warum es durchaus sinnvoll ist, mittelfristig ein Sparmobil zu unterstützen, auch wenn langfristig nach der Umsetzung radikal-ökologischer, eben den Individualverkehr verhindernden, Positionen getrachtet wird: eben weil es einerseits dem Lernfortschritt der linken-alternativen-oppositionellen und sonstigen Bewegern (!) entspricht, daß auch große Ziele in kleine Schritte zerlegt werden können – einen in allen ehemals progressiven Kreisen grassierenden Pragmatismus hätte Herr Tenhagen hier eher kritisieren sollen! – und weil andererseits die Chance größer ist, unsere Lebensräume weniger schnell zu zerstören, wenn wir eben die Schadensursachen quantitativ zumindest stabil halten, als neues Minimalziel quasi, so wie es das Establishment in Rio ja auch erkannt hat!

An Rüdiger Rosenthals Position freut mich übrigens auch, daß er mir, dem autofahrenden wie zeitunglesenden Otto Normalverbraucher, expressis verbis eine Portion eigenen Denkvermögens zutraut. [...] Werner Schottenloher,

Regensburg