■ betr.: „Hornissenschwarm auf Rä dern“, taz vom 21.8.93

[...] Die Gefahren, die vom Elektromobil bzw. anderen Kleinwagen (wie etwa von Greenpeace mittlerweile favorisiert) ausgehen, sind vor allem verkehrspolitischer Natur. [...] Das derzeitige System Straße ist in nahezu allen führenden Industriestaaten auf große Autos und hohe Geschwindigkeiten ausgelegt. Derartige Straßennetze fordern zur Raserei mit entsprechenden Fahrzeugen geradezu auf. In einem solchen System dürfte es nur schwer durchzusetzen sein, die Mehrheit der Autofahrer dazu zu bringen, ihre großen Fahrzeuge zugunsten kleiner (Elektro-)Mobile aufzugeben. [...] Wenn diese Fahrzeuge einmal zu erschwinglichen Preisen angeboten werden sollten, könnte eine neuerliche Verlagerung von ÖPNV bzw. Fahrrad auf den Autoverkehr stattfinden. Die Autoindustrie (die sich irgendwann doch noch dieser Fahrzeuge annehmen wird) dürfte freilich kaum ein Interesse daran haben, die Produktion der „alten Stinker“ aufzugeben, sondern vielmehr versuchen, mit den neuen Fahrzeugen neue Käuferpotentiale zu erschließen. Wem ist damit (außer der Autolobby) geholfen? Der Umwelt am allerwenigsten.

Was immer wieder als Vorteil der Elektro-Mobile verkauft wird, ist gleichzeitig auch ein großer Nachteil: Aufgrund der geringen Größe dieser Fahrzeuge dürfte es vielen Autofahrern noch leichter fallen, Bürgersteige zuzuparken, in Fußgängerzonen einzufahren usw. Die geringe Lärmentfaltung kann sogar die Unfallzahlen mit Radfahrern/Fußgängern steigern, da die leisen Elektrofahrzeuge nicht mehr akustisch wahrgenommen werden.

Diese kleinen (Elektro-)Mobile sind nur dann umwelt- und sozialverträglich, wenn sie für den Restautoverkehr verwendet werden würden, der nicht auf den Umweltverbund (ÖPNV, Eisenbahn, zum Teil Schiffahrt, Fahrrad, Fußgängerverkehr) verlagert oder auf den verzichtet werden kann. Doch dazu müßte eine koordinierte Verkehrspolitik (mit konzipiertem Straßenrückbau) stattfinden. Solange diese aber allenfalls in lokalen Ansätzen existiert, behindert man durch die Favorisierung kleiner (Elektro-)Mobile eher eine wirklich alternative Verkehrspolitik. Hansjörg Beyer, Berlin