Dolgenbrodter Realsatire

■ Presseerklärung der Gemeinde bestätigt Ausländerfeindlichkeit

Berlin (taz) – Die Dolgenbrodter Dörfler bleiben sich treu. Obgleich der Ort unter Verdacht steht, rechtsradikale Brandstifter für 2.000 Mark zum Abbrennen des Asylbewerberheims gedungen zu haben, zeigt sich die Bevölkerung weiterhin uneinsichtig. Geradzu rührend wirkt die ehrliche Presseerklärung, die die 260-Seelen-Gemeinde gestern abgab. Mit Hinweis auf die Idylle des Ortes hat die Gemeinde die Aufnahme von Asylbewerbern abgelehnt und ihre Protestaktionen verteidigt. Die Anordnung, ein Asylbewerberheim einzurichten, „war eine Fehlentscheidung, die berechtigte Proteste hervorgerufen hat“, erklärte die Gemeindevertretung. Dolgenbrodt sei „ein abgelegener Ort mit unzureichender Verkehrsverbindung, mit fast keinen Versorgungsmöglichkeiten, mit über 600 Bungalows auswärtiger Bürger und ohne eine Polizeistation.

Immerhin räumten die Dolgenbrodter dem Recht eine kleine Chance ein, indem sie in einer „einstimmig verabschiedeten“ Erklärung einer Bestrafung zustimmen, sollten Bürger an der Brandlegung beteiligt gewesen sein. Sie forderten Staatsanwaltschaft, Kriminalpolizei und das Innenministerium auf, die Vorwürfe schnellstens aufzuklären. Die Bürgermeisterin werde beschimpft, es gebe anonyme Drohungen, Ortsschilder seien mit rassistischen Losungen beschmiert worden, und „unser Dorf steht unter Polizeibewachung“. Unbekannte haben Pappschilder angebracht, auf denen Schmähungen wie „Erstes rassistisches Dorf“ und „Fruchtbarer Boden für Neonazis“ aufgemalt sei. Die Gemeindevertretung distanzierte sich vom Rassismus. Wenngleich auch, wie Bürgermeisterin Ute Preißler einräumte, niemand traurig war über die Lösung. Die Tat sei eine kriminelle Handlung gewesen, „die wir schärfstens verurteilen“. Dolgenbrodt sei ein beliebtes Erholungsziel für Ausländer, „die von der Bevölkerung gut aufgenommen wurden“. Wie sagte doch ein Anwohner: „Wenn wir ausländerfeindlich wären, hätten die Täter gewartet, bis Menschen drinnen gewesen wären.“ miß