Die scheinheilige Konkurrenz

■ Evangelische Kirche warnt mit einer Broschüre vor der Scientolgy: „Destruktiver Kult“

Die Bremische Evangelische Kirche macht mobil gegen „Seelenverkäufer“. Mit einer Broschürenreihe zum Thema „Destruktive Kulte“ wollen die Protestanten über Sekten in Bremen informieren. Das erste Heft wurde vom Sektenbeauftragten der BEK, Helmut Langel, zusammensgestellt und will über Methoden und Ziele der „Scientology“ aufklären. Es soll in den evangelischen Gemeinden und im Haus der Kirche kostenlos bereitliegen und möglichst auch als Unterrichtsmaterial in der Schule dienen. Als nächste Folge plant Langel Schriften über Transdententale Meditation (TM) und Mahikari.

Angelegt ist die Broschüre als Leitfaden durch eine typische Scientology-Karriere: Vom Werbegespräch über die immer tiefere Verstrickung in den „Scientology-Kult“ bis zum finanziellen Ruin, Informationen über die Entstehung der Sekte bis hin zu Ratschlägen für Betroffene, die aussteigen wollen und Hilfe brauchen. Die Broschüre informiert über Scientology in Bremen: neben der „Mission“ in einer Villa am Osterdeich versucht die Sekte demnach, mit Schulen zusammenzuarbeiten, Junkie-Angehörigen ihr „Narconon-Programm“ anzubieten und in Wirtschaftsunternehmen Fuß zu fassen: „Es kommt immer häufiger vor, daß Firmenchefs anrufen und mich fragen: Mein Manager ist Scientolge, was soll ich tun?“, erzählt Langel.

Dem Sektenbeauftragten geht es „keineswegs darum, konkurrierende Glaubensgemeinschaften aus dem Feld zu schlagen. Unsere Kriterien richten sich nicht nach der Glaubensvorstellung, sondern nach den sozialen Wirkungen der Gruppen.“ Keine neuen Ketzer wolle man schaffen und dann verfolgen, sondern grundsätzlich neuen Religionen gegenüber offen sein. „Gefährlich wird eine Gruppe aber, wenn sie die Religion als bloße Fassade benutzt, rein wirtschaftliche Ziele verfolgt, pseudotherapeutische Angebote macht und bewußt den psychischen und wirtschaftlichen Ruin ihrer Mitglieder in Kauf nimmt.“

Die Warnung der Kirchen vor scheinheiliger Konkurrenz scheinen zu fruchten: Bei der Scientology handelt es sich nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Hamburg nicht um eine Kirche, sondern um ein kommerzielles Unternehmen. Aus diesem Grund hat das Stadtamt den Scientologen vor wenigen Wochen in Bremen die Werbung durch Büchertische oder das Ansprechen von Passanten untersagt. Das Thema steht auch auf der Tagesordnung für die nächste Sitzung der Bürgerschaft.

„Blödsinn“ nennt dagegen Karl-Heinz Vogel, Präsident der Bremer Scientology, die Aberkennung des „Kirchen“-Status. „Wir finanzieren uns anders als die Staatskirchen, die vom Staat Milliarden bekommen und ihre Privilegien verteidigen.“ Die unbequeme Broschüre über seinen Verein nennt Vogel einen „Erfolg: Irgendjemand hat Angst vor uns.“ Bernhard Pötter