Das Mutterschiff landet!

■ Für 100 Millionen: Ein kosmisches Musical in einer Riesenkugel

Das bremische Musicalfieber hat schon sein zweites Opfer dahingerafft: Der Lilienthaler Visionär Hans E. Oellers (55) ist von seinem Musicalprojekt „Tamalita“ gewiß nicht mehr abzubringen. „Eigentlich seit 1961“ treibt ihn der Traum um; jetzt aber schlägt die Stunde. In einer riesenhaften Kugel von 53 Metern Durchmesser soll demnächst ein „mehrdimensionales Sinneserlebnis“ statthaben: „Das größte Ereignis dieser Art in einem geschlossenen Raum durch Weltneuheiten“ verheißt uns die PR-Mappe. Steuerbare Zuschauersitze, „Hohlraumbilder“, ein „spektakuläres“ Bühnenbild in Form eines „Wellenreiterhologrammzylinders“, neueste Lasertechnik, Computeranimationen, „zukunftsweisende Nahrungsmittel“ im integrierten Restaurant und nebenher auch noch ein „Abfallentsorgungskonzept, übertragbar auf eine Kleinstadt“, das ist das mindeste.

Gut 4.600 Zuschauerherzen werden dann planmäßig von der „Traumtänzerin Tamalita“ ergriffen, wie sie in einem „physikalischen Labor an der Schnittstelle zwischen horizontaler und vertikaler Zeitachse“ um ihre Träume kämpft, und man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, daß am glücklichen Ende ein „Quiffstrom von Tachyonen mit multidimenionaler Lichtgeschwindigkeit“ wesentlichen Anteil hat.

Die Welturaufführung des Kugelmusicals war „erst für Berlin geplant“, sagt Oellers, jetzt will er's umso zukunftsfroher „in Bremen versuchen“. 100 Millionen Mark soll das Hypervergnügen samt eingebauter Musicalschule kosten; da kämpft Oellers noch, unterstützt von zwei Assistentinnen. Es wird vermutlich „eine Art Mischfinanzierung“ werden müssen. Und nächste Woche hat er jedenfalls einen Termin beim Kulturstaatsrat Schwandner.

Oellers ist Rundfunkautor, Seher und Multimediakünstler in einem. Nebenher sitzt der Rastlose auch noch an einer dreibändigen Geschichte des deutschen Kabaretts: „Zwischen Lästern und Heute“ lautet kongenial der Titel. Vor einem halben Jahr hat er sich in Lilienthal niedergelassen; seither betreibt er von dort aus die Propaganda seines bislang epochalsten Werks. 600.000 Mark „hauptsächlich auf Kreditbasis“ hat er schon hineingesteckt, wie er sagt, unter anderem für die prachtvollen Konstruktionspläne, die ihm das „Ingenieurbüro Tragflächen Konstanz“ angefertigt hat.

Aber es kommt schon wieder rein: Musiktechnisch gibt es bereits „Kontakte“ zu Paul McCartney, als Choreograph ist immerhin Michael Jackson „im Gespräch“; und der bedeutende Bühnenbildner („Met!“) Günther Schneider-Siemssen „wartet praktisch nur noch darauf, daß wir das Geld beisammen haben, dann ist er auch dabei.“ Weil zum Glück die Kugel transportabel ist, geht es nach dem verdienten Erfolg in Bremen dann auf Tournee in die Welt hinaus. schak