Aus Intendenten sollen freie Unternehmer werden

■ Senat sieht keine Alternative zur Schließung des Schiller Theaters und verabschiedet neues Bühnen-Finanzierungskonzept / „Heilsamen Schock“ begrüßt

Der Senat hat erneut die Absicht bekräftigt, das Schiller- und Schloßpark-Theater zu schließen. Eine verabschiedete Vorlage zur Abstimmung im Abgeordnetenhaus trägt den Zusatz „Alternativen: keine“. Die Schließung der staatlichen Schauspielhäuser sei „kein unwiederbringlicher Verlust“ für die Berliner Kulturlandschaft, betonte Kultursenator Roloff-Momim. Vielmehr hätte die Umorientierung der Besucherströme in den letzten Jahren sehr deutlich gemacht, daß das Schiller-Theater nicht mehr eine Bühne sei, „die in der ersten Reihe stehe“. Mit der Schließung werde „die verhältnismäßig teuerste und dabei seit Jahren künstlerisch am wenigsten effektive Einrichtung geschlossen“, heißt es in der Beschlußvorlage. Über den Beschluß stimmen die Abgeordneten voraussichtlich am 16. September ab.

Bei einer sofortigen Schließung der beiden Häuser reduziere sich der Zuschußbedarf im nächsten Jahr von 45,6 Millionen auf 28,4 Millionen Mark – mithin also um 17 Millionen Mark. Im Jahre 1995 spare man bereits 33 Millionen Mark ein. Ab 1996 ist ein völliger Wegfall des Zuschusses angepeilt. Ein baldige Entscheidung wegen der langen Kündigungsfristen sei dringend geboten. In diesem Fall könnten bereits in diesem Jahr bis zu zwei Millionen Mark eingespart werden, glaubt Roloff-Momin.

Das Land Berlin erwäge zugleich einen Austritt aus dem Deutschen Bühnenverein, gab der Senator bekannt. Damit könne der Senat eigenverantwortlich die unübersichtlichen und für Berlin teuren Tarifstrukturen verändern und für jede Bühne einen eigenen Haustarifvertrag abschließen. Eine weitere Verbesserung der Kostenstruktur erwartet sich Roloff-Momin ab nächstem Jahr durch ein neues Theaterfinanzierungskonzept. Damit werde den Bühnen ein Anreiz für eigenverantwortliches Handeln geboten. Sie müßten dann Gewinne nicht mehr an den Landeshaushalt abführen. Roloff-Momin erwartet sich davon eine Abkehr von der Subventionsmentalität und einen Impuls an die Theaterleitungen, eine neue Preispolitik zu betreiben, neue Einnahmequellen zu erschließen und mehr publikumswirksame Stücke in den Spielplan zu nehmen. Der Senator warf den Theatern vor, bislang bei den Finanzen nach einer „Pi-mal-Paddelboot-Mentalität“ zu arbeiten und anschließend zu erwarten, daß die Stadt stillschweigend die Defizite begleicht.

Für die weitere Nutzung des Schiller Theaters seien „seriöse Interessenten“ im Gespräch, betonte Roloff-Momin. So gäbe es Überlegungen, das Ensemble des Metropol-Theaters für eine anderthalbjährige Renovierungszeit des eigenen Hauses dort unterzubringen.

Der Senator erklärte, der „Befreiungsschlag“ des Senats habe wie ein „heilsamer Schock“ in der Theaterlandschaft gewirkt. Inzwischen kämen Vorschläge zur Kostenreduzierung, für die die Politiker vor einem halben Jahr noch in der Luft zerrissen worden wären. Gerd Nowakowski