Lüder kein Stasi-Spion

■ Ermittlungen gegen FDP-Abgeordneten eingestellt

Bonn (taz) – Die Generalbundesanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen den FDP-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Lüder eingestellt und ihn damit vom Verdacht der Stasi-Mitarbeit befreit. Nach dem jetzt vorliegenden Ermittlungsergebnis sei der Politiker von einem Wissenschaftler im Auftrag des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit „abgeschöpft“ worden, ohne daß Lüder „dies erkannt hat oder hätte erkennen können“, teilte die Karlsruher Behörde gestern mit.

Lüder will sich heute über die seiner Ansicht nach notwendigen Konsequenzen aus dem Fall äußern.

Die Bundesanwaltschaft hatte ihre Ermittlungen gegen Lüder Anfang August aufgrund von Hinweisen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) aufgenommen. Diese Hinweise galten als Teil der angeblich 2.000 Stasi-Akten, in deren Besitz die Bundesregierung in jüngster Zeit gekommen sein will, die aber vermutlich im Besitz des amerikanischen Geheimdienstes CIA sind. Gestützt auf diese Unterlagen, hatte der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Bernd Schmidbauer (CDU), mehrfach eine große Enttarnungswelle angekündigt.

Mit der Verfahrenseinstellung gegen Lüder haben sich die Akten nun bereits zum zweiten Mal als schlechte Quelle erwiesen. Zuvor hatte die Bundesanwaltschaft Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Karl Wienand eingestellt, die ebenfalls aufgrund dieser Unterlagen eingeleitet worden waren. Rückblickend sei es „etwas verwunderlich“, daß das BfV die Hinweise in diesen Fällen so ernst genommen habe, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, gestern zur taz.

Struck hat Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) in einem Brief dazu aufgefordert, nächste Woche in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) Auskunft über die Herkunft der Akten zu geben.

Die Stasi-Unterlagen hatten vor einigen Wochen eine heftige Kontroverse zwischen Regierung und SPD-Opposition ausgelöst. Lüder und Wienand sowie weitere SPD- Mitglieder waren von den regierungsnahen Blättern Focus und Bild bereits zu einem Zeitpunkt als Stasi-Verdächtige genannt worden, zu dem die Bundesanwaltschaft noch keine Ermittlungen aufgenommen hatte. Die SPD hatte der Regierung darauf „Mißbrauch“ von Geheimdienstunterlagen vorgeworfen. In Lüders Fall habe es einen „offenbar leichtfertigen Umgang mit Informationen gegeben“, erklärte gestern auch FDP-Generalsekretär Werner Hoyer. Die Verfahrenseinstellung sei eine „ausgesprochen gute Nachricht“. hmt