Dialog oder Trialog in Nicaragua?

■ Zentralamerikas Präsidenten vermitteln zwischen Regierung, FSLN und UNO

Managua (taz) – Wenn die Sache nicht so ernst wäre, der Streit um den politischen Dialog in Nicaragua nach dem Ende der beiden Geiselnahmen in der vergangenen Woche wäre ein unterhaltsames Sommertheater. Nachdem die Parteichefs der Nationalen Oppositionsunion (UNO) bis zuletzt beteuert hatten, sie würden nicht zum Dreiparteien-Dialog mit der Regierung und der Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) erscheinen, gaben sie schließlich dem Druck der vermittelnden zentralamerikanischen Präsidenten nach und tauchten Dienstag nachmittag doch im grossen Konferenzsaal von Präsidenten Violeta Chamorro auf – zwei Stunden zu früh. Das Ergebnis der dreieinhalbstündigen Sitzung: die Dreiergespräche finden statt, aber erst ab Montag.

Die UNO-Politiker treten mit einem Forderungskatalog von neun Punkten an und wollen, ehe der sandinistische Ex-Präsident Daniel Ortega zu den Gesprächen stößt, Umberto Ortega, Präsidialminister Antonio Lacayo, den Rechnungshofpräsidenten und das Parlamentspräsidium durch ihre Leute ersetzt haben. Sie finden, es sei höchste Zeit, daß Frau Chamorro, die als Kandidatin ihrer Koalition gewählt wurde, der UNO zur Macht verhelfe.

Der nationale Dialog soll aus der zunehmenden Polarisierung führen und einen Grundkonsens für den wirtschaftlichen Wiederaufbau schaffen. Denn keiner der Akteure kann von einer Lösung ausgeschlossen werden: Die Regierung kontrolliert die Exekutive, die UNO einen Großteil der Wirtschaft und der Kommunen, außerdem hat sie Einfluß auf die Recontras (wiederbewaffnete Rebellen) und Senatoren in Washington, die die Wirtschaftshilfe blockieren. Die sandinistische FSLN ist die größte und bestorganisierte Partei, kontrolliert die wichtigsten Gewerkschaften und hat Einfluß auf die Armee und die linken Rebellen.

Der Dialog war am 21. August auf dem Höhepunkt der Geiselkrise vereinbart worden, als rechte Recontras im Norden eine parlamentarische Friedensdelegation verschleppt hatten und in Managua ein linkes Kommando im Gegenzug den Großteil der UNO- Parteichefs festhielt. Managuas rechtsextremer Bürgermeister geißelte damals die Unterschrift einer Gruppe von UNO-Leuten unter das Dokument als Verrat. Und auch die Spitzenpolitiker, die am 25. August als letzte Geiseln freigelassen wurden, beharrten auf ihrer Vorbedingung für jeden Dialog: die Absetzung von Ortega und Lacayo, die sie für die Gewalt auf dem Lande und das Scheitern der Wirtschaftspolitik verantwortlich machen. Wenn nicht El Salvadors Präsident Cristiani telefonisch Druck gemacht hätte, wäre das Dokument auf einer Sitzung am Freitag pauschal zurückgewiesen worden.

Erstmals seit dem Ende der achtziger Jahre mischen sich die zentralamerikanischen Präsidenten nun wieder direkt in Nicaraguas Innenpolitik ein. Sie trafen sich letzte Woche zu einer Krisensitzung in San Salvador und beauftragten ihre Außenminister, die nicaraguanischen Streithähne an einen Tisch zu bringen. Denn die Krise im Nachbarland bleibt nicht ohne Folgen für die Pläne zur wirtschaftlichen Integration der Region.

„Hier müssen sich die Vaterlandsliebe und die Vernunft durchsetzen“, meinte Costa Ricas Außenminister Bernd Niehaus am Montag nach einem Treffen mit der UNO. Selbst die Partei der ehemaligen Contra-Rebellen drängte jetzt in einem Leitartikel der Zeitung La Prensa zum bedingungslosen Dialog. Ralf Leonhard