Arabische Reaktionen

■ Offiziell zurückhaltend / Presse zornig

Kairo (taz) –Seit einer Woche macht die Nachricht über das Abkommen zwischen Israel und der PLO Schlagzeilen – doch die an den Nahost-Friedensverhandlungen beteiligten arabischen Regierungen haben bislang kaum offiziell reagiert. Jordaniens König Hussein reiste vorgestern nach Damaskus. Dort wollte er mit dem syrischen Präsidenten Hafez Al Assad über „das überraschende Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern sprechen, über das sie vorher nicht informiert worden waren“, sagte Gubran Kurreihe, Sprecher des syrischen Präsidenten.

Die Presse beider Länder ist nicht so zurückhaltend: Die größte jordanische Zeitung Al Rai bezeichnet das Abkommen, nachdem der israelisch besetzte Gazastreifen und die Stadt Jericho zuerst Autonomie erhalten sollen, als „politische Niederlage und Illusion“. Sie spricht von einem „Schlag gegen die brüderlichen Beziehungen zwischen den Palästinensern und Jordanien“.

Der König kochte

Und zum ersten Mal seit Beginn der Friedensgespräche vor knapp zwei Jahren schreiben die meisten jordanischen Zeitungen von Israel als dem „Feind aller Araber“. Politischen Beobachtern zufolge hat der König „vor Wut gekocht“, als er von dem Abkommen erfuhr. „Das ist das zweite Mal“, habe Hussein zu seinen Beratern gesagt, „daß Arafat mich betrogen hat“. Wann das erste Mal war, habe er nicht erklärt.

Die syrischen Regierungszeitungen schlagen etwas leisere Töne an. Von der Notwendigkeit einer allumfassenden Lösung, die den Palästinensern und allen anderen arabischen Parteien gerecht wird, ist da viel die Rede. Der israelische Premier „Rabin hat die Palästinenser in einen Strudel von Streitigkeiten und Differenzen gezerrt“, schreibt die Zeitung Tischrin. Das könnte als Warnung an die PLO gemeint sein: Syrien könnte die radikalen palästinensischen Gruppen, die das Abkommen bekämpfen, unterstützen.

Die deutlichste Kritik kommt aus Beirut. „Das Abkommen ist ein Verstoß gegen die arabische Solidarität“, sagte der libanesische Außenminister Farez Bouis. „Man kann ihm nicht trauen und es hat keine Perspektive.“ Viele Beobachter meinen, daß Syrien den Libanon als lautstarken Kritiker vorschiebt – und vermeidet, selbst klare Worte gegen das Abkommen zu formulieren, um Israel und die USA nicht zu verprellen.

Jordaniens König Hussein weiß sehr genau: Wenn sein Land bei einer Nahost-Friedenslösung außen vor bleibt, dann wird es auch in Zukunft kein Gewicht in der Region haben. Berichten zufolge soll die Gaza-Jericho-Option mit einer Art Marshall-Plan für die Entwicklung der Infrastruktur in den besetzten Gebieten verbunden werden. PLO-Kreise sprechen von sechs Milliarden US-Dollar in den kommenden drei Jahren. Die meisten europäischen Staaten und Japan hätten bereits entsprechende Zusagen gemacht. Jordanien, das gegenwärtig mit starken wirtschaftlichen Problemen kämpft, hatte gehofft, als gleichberechtigter Partner bei der Diskussion um die Zukunft der besetzten Gebiete zu fungieren – und gleichzeitig die Schaltstelle für die Abwicklung der Wirtschaftshilfe zu werden. Damit würde die eigene Wirtschaftskrise abgefedert und der jordanische Einfluß in der besetzten Westbank und im Gazastreifen verstärkt.

Bleibt Ägypten: Kairo habe, so heißt es, hinter den Kulissen eine nicht unbedeutende Rolle bei der palästinensisch-israelischen Annäherung gespielt. Die Ägypter können sich über die Entwicklung freuen. Gerüchten zufolge überlegt die PLO, ihr Hauptquartier von Tunis nach Kairo zu verlegen. Ein arabisches Sprichwort sagt: „Wer zuerst kommt, ißt das Fleisch. Wer zuletzt kommt, ißt den Reis.“ Arafat weiß, daß er mit dem Feuer spielt. Aber er hofft, daß ihm das zum Fleisch verhelfen wird. Khalil Abied